The Go! TeamRolling Blackouts
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Referenzen:
Sleigh Bells, Trouble Funk, The Crystals, Public Enemy, The Byrds
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Autor: |
Uli Eulenbruch |
Das Debüt der Gruppe um den anfangs noch solo agierenden Engländer Ian Parton war 2004 ein wahrer Augen- und Ohrenöffner. Auf der Basis gesampelter Hooks, Breaks und Beats zimmerte The Go! Team auf „Thunder Lightning Strike“ einen tollkühnen Mischmasch aus (u.a.) 60er Pop, 70er Funk und 80er Hip Hop zusammen, dessen dissonant verzerrte Gitarrenwand und übersteuert wirkende Produktion von einer kindlich-naiven Fröhlichkeit erhellt wurden die mancherorts ansteckte, mancherorts aneckte.
Nachdem sich live ein festes Band-Lineup mit der nimmermüden MC Ninja als Frontfrau etabliert hatte, füllte das zweite Album den vorher stellenweise unausgegorenen Sound des Sextetts noch einmal kräftig auf und brachte u.a. mit Chuck D, Soko und Solex als Gästen ein größeres Volumen an Stimmen in den grellen, immer noch auf Samples aufbauenden Mix.
Obwohl die Songs für „Rolling Blackouts“ diesmal entstanden bevor die Samples darin eingebunden wurden und in ihren weniger frenetischen Momenten texturell schon fast etwas von 60er Rock haben, bleibt der Soundhybrid unverkennbar – außer dem Cheer-Core von Sleigh Bells ist ohnehin nach Jahren nichts auch nur entfernt in dieser Richtung entstanden. In den bestgelaunten Mischmasch stimmen diesmal Deerhoofs Satomi Matsuzaki, die Amerikanerinnen Dominique Young Unique und Bethany Cosentino, Klima und Lispector aus Frankreich und der London African Gospel Choir ein, selbst bei niedriger Lautstärke dröhnt der Funk-Soul-Hip-Pop-Rock enthusiastisch krachig aus dem Lautsprecher. Klar ist nun auch, dass sich spätestens mit „Proof Of Youth“ innerhalb dieses Stil-Sandkastens eine Reihe fester Songtypen herauskristallisiert hat, die in jeweils typischen Linien verlaufen.
Das ist soweit nicht schlimm, ein derart radikaler Entwurf verliert besonders in einem Bandgefüge, das auch die Live-Umsetzbarkeit der Stücke in Betracht ziehen muss, mit der Zeit fast zwangsläufig an Novität. Das Problem mit „Rolling Blackouts“ ist aber, dass The Go! Team viele dieser Songs nicht nur schon einmal gebracht haben, sondern besser: Den wuchtigen Kracher mit Streichern „T.O.R.N.A.D.O.“ gab es schon einmal prägnanter in „Flashlight Fight“, das sonnige Instrumental „Yosemite Theme“ in „Friendship Update“, das 70er Action-Thema „Rolling Blackouts“ in „Keys To The City“, die Lagerfeuer-Nummer „Super Triangle“ in „My World“, den Midtempo-Twee „Ready To Go Steady“ in „I Never Needed It So Much“ … Gerade wenn es den Melodien an einer denkwürdigen Qualität mangelt, fühlt man sich so unweigerlich an ihre Vorgänger erinnert.
Neue Diskographie-Highlights haben The Go! Team aber noch zur Hook-findigen Hand: Dominique Young Unique führt den schimmernd-wippenden Cheer-Funk von „Apollo Throwdown“ energievoll an, die Best-Coast-Sängerin Cosentino pendelt im dreistufigen Refrain von „Buy Nothing Day“ zwischen dringlichen Höhen und entspannter Langatmigkeit und „The Running Range“ grummelt bassgeladen zu händeklatschendem Gospelchor und hell klimperndem Saitentanz. Wenn die Rasselband(e) nicht zu sehr in Routine verfällt, kann sie immer noch Ohren zum erfreuten Beben bringen.
Label: Pias UK/Memphis Industries
Referenzen: Sleigh Bells, Trouble Funk, The Crystals, Public Enemy, The Byrds
VÖ: 28.01.2011