Ein Abend mit Peter Broderick

Ein Abend mit Peter Broderick

Mit dem neuen Album von Peter Broderick ist es wie mit dem Besuch eines alten Bekannten: Unvermittelt steht er vor der Tür, eine Kiste Wein und sein Piano im Schlepptau, und dann singt er so Sachen wie „Everybody seems so sad and it’s making me heavy“ in den stillen Raum. Eigentlich möchte ich ihn gleich umarmen, aber er geht rasch an mir vorbei – und vielleicht ist das auch gut so, bevor noch mehr kalte Herbstluft ins Haus zieht.

Drinnen setzen wir uns in die gemütlichen Ohrensessel am Kamin, der um diese Jahreszeit noch aus ist, öffnen die erste Flasche und warten. Darauf, dass einer mit dem Reden anfängt. Stattdessen aber setzt er sich ans Klavier und untermalt seine schüchtern vorgetragenen Sätze mit ebenso schüchternen Melodien. Auffällig schweigsam ist er dieses Mal, ab und zu spielt er auch erst ein bis zwei Minuten bevor er überhaupt seine Stimme erhebt. Zweimal schweigt er sogar ganz („When I’m Out“, „Pulling The Rain“), ein anderes Mal spricht er lediglich („Guilt’s Tune“) – stets unaufgeregt und zurückgenommen.

Insgesamt sieben Mal verschwindet er Richtung Tasteninstrument, macht zwischendurch kurze Pausen, trinkt einen Schluck, aber er sagt dabei nichts. Wären diese Unterbrechungen nicht, könnte man fast glauben, dass er eigentlich nur ein besonders langes Stück spielt, das zufälligerweise nicht ganz durchkomponiert ist. Er sorgt für Behaglichkeit, füllt den Raum mit Leben, aber gleichzeitig bleibt eine gewisse Distanz zwischen uns. Vielleicht ist das der Traurigkeit geschuldet, die er mit seinem Spiel verbreitet und die ich in diesem Moment nicht ganz mittragen kann. Bewegend hingegen ist seine Erzählung von einem Heimaturlaub und einem Mädchen und allmählich begreife ich, dass er anfangs mit „everybody“ auch sich selbst meinte.

Nach etwas mehr als einer halben Stunde steht er auf, bereitet seinen Abschied vor. Und zum ersten Mal versinkt er dabei nicht vollständig im Moll: ,„I say goodbye too often / hello, hello, hello, hello“ („Hello To Nils“). Als er geht ist die erste Flasche leer, die Restlichen lässt er zurück. Ich glaube er wird mich im kommenden Winter noch öfter besuchen.

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