Manche Alben werfen große Schatten voraus, die es einem als Rezensenten nicht gerade einfach machen. Da tut sich einer der cleversten Popmusikproduzenten der Jetztzeit mit einer von vielen hochverehrten, melancholischen und schwer fassbaren Indie-Ikone zusammen, um mit Hilfe einer illustren Allstar-Formation an Gastsängern ein Album mit dem bedeutungsschwangeren Titel „Dark Night Of The Soul“ einzuspielen, das zu allem Überfluss auch noch durch die Mitarbeit des Großmeisters der bizarren und surrealistischen Filmkunst, David Lynch, gekrönt wird.

Doch das ist erst der Anfang einer Geschichte eines Albums, die als eine der tragischsten in die Musikgeschichte eingehen wird. Bei der Veröffentlichung kommt es zu Querelen mit der Plattenfirma, die schlussendlich dazu führen, dass erst zwei der Beteiligten auf tragischste Art und Weise zu Tode kommen müssen, bevor das Album nun mit über einem Jahr Verspätung zynischerweise doch noch erscheint. Inzwischen wurden Gastsänger Vic Chesnutt und Mark Linkous alias Sparklehorse selbst Opfer ihrer lange währenden Depressionen.

Wie nun soll man über diese Platte schreiben, ohne bloßer Nachruf oder, schlimmer noch, mythische Verklärung zu sein. Am Besten man fängt einfach ganz am Anfang an. Der Opener „Revenge“ ist eine Kollaboration mit den Flaming Lips und könnte wohl auch von deren Opus Magnum „The Soft Bulletin“ stammen. So sehnsuchtsvoll und in opulenten Pathospop gekleidet hat man Wayne Coyne jedenfalls schon lange nicht mehr singen gehört. Die nächsten beiden Stücke schließen daran nahtlos an und werden von Super Furry Animal Gruff Rhys und Grandaddy Jason Lytle souverän über die große Popbühne gebracht. Im Anschluss bekommt dann Julian Casablancas das Mikro und bedankt sich dafür in „Little Girl“ mit einer gewohnt lässigen Performance, die samt gniedelnder Gitarre und Verzerreffekten gegen Ende des Stücks zum Besten gehört, was man vom ihm seit dem Strokes-Debüt gehört hat. Bestätigen tut sich hier auch der Eindruck, dass zumindest der Auftakt dieser Platte, wenn auch immer etwas wehmütig, lange nicht so düster geraten ist, wie es der Titel oder die tragische Geschichte vermuten ließen. Richtig dunkel wird es dann erst im folgenden Titel und das leider in zweierlei Hinsicht. Mit einem tumb und breitbeinig durch tiefste Grunge-Sümpfe stapfenden Rock-Ungetüm riskiert Frank Black hier wieder einmal größeren Schaden am heiligen Pixies-Erbe. Iggy Pop macht es im anschließenden „Pain“ zwar geringfügig besser, im Albumkontext notwendig wäre aber auch sein Beitrag nicht wirklich gewesen.

Nach diesen eher ärgerlichen Ausflügen in Richtung Rock wirkt „Dark Night Of The Soul“ dann wesentlich zerfahrener und ja: auch düsterer. Zwar bewegt man sich noch immer im Feld gut ausstaffierten Psychedelic-Pops mit deutlichen 60s-Referenzen, der von James Mercer in „Insane Lullaby“ seine Krone aufgesetzt bekommt. Doch die Schatten der Verzweiflung, die sich zunächst nur sanft über dieses Album legten, werden mit jedem Song bedrohlicher bis man Vic Chesnutt seinen abnehmenden Lebenswillen in „Grim Augury“ beinahe anzumerken scheint. Abgeschlossen wird „Dark Night Of The Soul“ dann vom Titelstück, einem Beitrag David Lynchs, so hoffnungs- und freudlos, als würde es die ganze Geschichte die den Aufnahmen zu diesem Album folgen sollte, schon vorwegnehmen.

„Dark Night Of The Soul“ mag seinen traurigen Platz in der Musikgeschichte bereits gefunden haben, den daraus resultierenden Mythos hätte es aber eigentlich gar nicht nötig. Denn einiger Ausfälle zum Trotz funktioniert diese erstaunlich kohärente Songsammlung nicht nur als würdiger Nachlass des großen und unvergesslichen Mark Linkous, sondern auch schlicht und einfach als erstklassiges Pop-Album.

75

Referenzen: The Flaming Lips, Mercury Rev, The Delgados, Scott Walker, Grandaddy, Broken Bells, Soulsavers

Label: Parlophone (EMI)

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VÖ: 16.07.2010

Ein Kommentar zu “Rezension: Dangermouse & Sparklehorse – Dark Night Of The Soul”

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