MenomenaMines

Es war ja durchaus zu befürchten, dass das nimmermüde Kreativtrio von Menomena nach dem 2007er „Friend And Foe“ trotz so mancher wunderbarer zusätzlicher Spielwiese wie Brent Knopfs Ramona Falls oder Danny Seims Lackthereof für „Mines“ jeden Stein so lange umdrehen, Details verschieben und Sounds aufeinander türmen würde, bis das Ergebnis später eher einer berechnenden Kopfplatte denn einer Herzensangelegenheit gliche. Tatsächlich ist das neue Album ein ungeheuer vielschichtiger, komplexer Brocken geworden, ein pompöses Meisterwerk, von innerer Zerrissenheit gekennzeichnet: Aufmunternd und doch düster melancholisch, resignierend und gleichzeitig anspornend – aber erfreulicherweise niemals unterkühlt kalkuliert.

Leise und zurückhaltend öffnet „Queen Black Acid“ die Pforten, lädt ein zu einer knapp 55 Minuten andauernden Klangreise, bei der Menomena, obwohl zwischenzeitlich einige Richtungswechsel für reichlich Schwindel sorgen, die Orientierung nie verlieren. Auch der Opener biegt nach sanftem Einstieg ab, für einen kurzen Moment droht der Song zu kippen, doch die Band lässt das Stück nicht aus ihren Fingern gleiten. Danny Seims Drums bilden das Grundgerüst, halten die zahlreichen Spuren beieinander (man achte darauf, wie linker und rechter Kanal auf der gesamten Platte zusammenspielen), auch wenn sich erste Zweifel ob des eingeschlagenen Weges und der eigenen Herkunft einmischen („And now I can‘t find my way back / You bring me down, so down“). Überhaupt fällt auf: Die Reife, die die Anfangdreißiger verkörpern, die Coolness, die sie ausstrahlen, all das gerät kurzzeitig ins Wanken, wenn aufblitzende Teen-Angst-Schübe verraten, dass man möglicherweise doch noch nicht mit beiden Füßen fest auf dem Boden steht. Genau wie früher: „Spending the best years of a childhood horizontal on the floor“.

Es ist bemerkenswert, wie viele Ideen und Instrumente auf „Mines“ zusammenfließen, sich ergänzen und einer auf den ersten Blick als klassischen Rockband mit Gitarre, Bass und Drums wahrgenommenen Truppe die verschiedensten Anstriche verpassen. Insgesamt lassen sich die elf Stücke grob in drei Richtungen aufteilen: Da wären die von Justin Harris gesungenen, bläseruntermalt-bassangetriebenen, streckenweise explosiven „TAOS“ und „BOTE“ (TV On The Radio lassen lieb grüßen) und die verträumten, aus Brent Knopfs Feder stammenden „Killemall“ und das abschließende „Intil“, denen vor allem das sanfte Piano beschauliche Melancholie einhaucht. Verzweifelt und düster sind hingegen die auf Danny Seim zurückzuführenden „Dirty Cartoons“, das sich clever arrangiert um die im Zentrum stehende Textzeile „I´d like to go home“ wickelt, und „Five Little Rooms“. Letzteres kreiert mit Bläsern, einem markanten Pianolauf und zwischenzeitlich neben den Drums wirbelnden Percussions eine düstere, unbehagliche und trotzdem anziehende Atmosphäre, gefüttert von bitterbösen Lyrics: „Five little rooms, one for each of my husbands / One for each of my bride-grooms / And their prostitutes, and their children“ – ob man dem zum Ende wiederkehrenden Angebot „All this could be yours, someday“ wirklich nachkommen mag?

84

Label: City Slang (Universal)

Referenzen: Ramona Falls, Lackthereof, TV On The Radio, Bear In Heaven, Blitzen Trapper, Pavement, Broken Social Scene, Man Man, Wolf Parade

Links: Homepage | MySpace

VÖ: 23.07.2010

7 Kommentare zu “Montags-Preview: Menomena – Mines”

  1. smörre sagt:

    Ganz großartiges Album! Das hätte ich nach dem ebenso guten letzten Werk nicht erwartet. Düster, fordernd und dabei gar nicht zu deprimierend. Ein Überraschungs-Coup!

  2. dominik sagt:

    „Dirty Cartoons“ könnte mein song des jahres werden!
    ganz tolle platte.

  3. […] – “Taos” Menomena – “Five Little Rooms“ (Schallgrenzen, auftouren, Nicorola) url='http://www.klangmuster.de/2010/08/neue-klangmuster-menomena/';size='small'; […]

  4. […] Falls aufkeimten, mit einer geradezu lässigen Geste entgegnen: Das von AUFTOUREN geadelte „Mines“ war so ambitioniert wie viele es sich erhofft hatten – und doch verzettelte sich die Band […]

  5. […] Fire (2xLP), Caribou (2xLP), The National (Expanded CD Edition), Shirts und 7-Inch-Splits von Menomena und die regulären CD-Ausgaben von Janelle Monaé, Pantha Du Prince, Twin Shadow, Sam Amidon, […]

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