The DrumsThe Drums
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Referenzen:
The Soft Pack, Girls, Surfer Blood, Bombay Bicycle Club, Vampire Weekend, Shout Out Louds
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Autor: |
Markus Wiludda |
Mit einer eingängigen Pfeif-Melodie ging im Herbst letzten Jahres die Karriere der Drums schlagartig los. Ihr Song „Let’s Go Surfing“ eroberte in Windeseile die Musikblogs und landete just sogar in einem deutschen Autowerbe-Spot. „Wake Up, it’s a beautiful morning“, heißt es da und dies könnte glatt das Motto ihres Debütalbums sein, das so freundlich angewedelt kommt, wie der Nachbarshund zur täglichen Begrüßung.
Gemäß dazu bestehen die Songs der Drums auch zu gefühlten 89% aus mitsingtauglichen Melodien und extrem simpel gestrickten Pop-Rock-Songs, die sich in die sonnigen 60s zurücksehnen und gerne ihre unbeschwerten Nettigkeiten im Chor herausposaunen. Manchmal musizieren sie sogar so nah am britischen Wave-Sound der 80er-Jahre, dass man spontanen Beifall spendet und ein Seufzer den Atemkanal verlässt. So war das, so klang das. Und so manch einer wird sie knuddeln mögen, weil das Imitat der Drums ohne große Studioproduktion und verfälschtes Getue daherkommt und sogar Frisuren und Klamotten passend alte Zeiten wieder aufleben lasen. Sie geben sich auch alle Mühe und manchmal klappt es sogar mit bösem Witz. So startet das Album mit den herrlichen Zeilen: „You’re my best friend, but then you die“, die mit schallend abgemischtem One-Tom-Drumsound ein erstes, fast groteskes Bild zeichnen, bevor der sommerliche Weichzeichner ganze Arbeit leistet.
Zwei der Songs kennt der Zeitgeist-Pophörer von gesammelten EPs, der Rest macht so oben ohne in der Sonne eine ordentliche Figur. Anfangs noch etwas käsig, später dann leicht gebräunt. Muckis haben die Tracks ja sowieso nicht, dafür aber eine extrem wuschelige Strandfrisur und eben jenen lässigen Gang, den die Mädels so mögen. „So tell me what to do, It’s a lovely night with the moon in the sky, It’s a lovely night with that look in your eye, But you still sleep with your back to me, Is me and you or is it really nothin?”, quält sich Jonathan Pierce in “Me And The Moon”. Das wäre nicht nötig gewesen. Aber was ist das schon? “I thought my life would get easier“, schiebt er im vielleicht dringlichsten Song des Albums (“Book Of Stories”) hinterher, der zumindest eine aufgeladen melancholische Ahnung versprüht und selbst als Schwedenpop-Hymne gut gekleidet wäre. Der Rest bleibt jedoch: Sommer, Strand und verbrannte Seelen. Es plätschert einfach ein wenig vor sich hin. Thematisch kreist das Brooklyn-Quartett immer wieder um übersichtliche „Boy meets Girl“-Stories (oder wie es eher nicht zusammenpasst), aber Texte sind sowieso nicht die Stärke dieser Truppe. Jedoch seien wir ehrlich: Es gibt auch Nervigeres als totale Entpolitisierung. Entsprechend sollte man The Drums beispielsweise lieber für ihre Konsequenz loben: Schließlich ist ihr Gitarrenpop die ultimative Rückführung zu den alten Tugenden der Unterhaltung: Hits und Kurzweil am laufenden Band. Für den Moment gedacht, sind Halbwertszeit und Beständigkeit sowieso keine Kategorien, die diesen Songs zuträglich wären.
Label: Moshi Moshi
Referenzen: The Soft Pack, Girls, Surfer Blood, Bombay Bicycle Club, Vampire Weekend, Shout Out Louds
VÖ: 04.06.2010
Wie schon MGMT sagten, in der heutigen Zeit kann man Musik nicht mehr neu erfinden und dann das Großartigste schaffen dass die Welt jeh gehört hat. Man kann nur noch zurückgreifen und das damals Großartige wieder zurück auf die Bühne holen.
Ein wenig böse gehypet werden sie, aber einmal live gesehen möchte man mehr mehr mehr!
down down baby down by the rollercoaster sweet sweet baby I’ll never let you go… <3
Musik muss man nicht immer neu erfinden, da stimme ich dir zu. Es gibt genug Beispiele, bei denen dennoch ein hervorragendes Ergebnis rauskommt – in unserer Rezensionsspalte gibt es viele davon.
Und auch die Drums finde ich nicht wirklich schlecht. Knapp 60% sind in meiner Welt immer noch ein sehr akzeptables Ergebnis. Nur fehlt mir ein bisschen die Abwechslung im Konzept, ein paar so richtig eigene Melodien, ein bisschen mehr Substanz. Aber man kann, und das war auch die Essenz meiner Rezension, durchaus Spaß mit dem Album haben.
„in der heutigen Zeit kann man Musik nicht mehr neu erfinden“
das sehe ich anders, man muss nur mal schauen was die elektronische musik so alles an neuem hervorbringt.
Sicherlich haben bspw. Flying Lotus, Liars oder insbesondere Animal Collective, um mal ein paar der Bekannteren zu nennen, trotz einiger nicht abzustreitender Referenzen etwas Eigenes, Andersartiges, von dem die Drums meilenweit entfernt sind. Aber das an sich würde mich nicht mal stören. Viel schlimmer finde ich die Songs an sich und die dahinter stehende Intention. Vor allem: Warum muss man – das habe ich ja auch an anderer Stelle schon mehrfach betont – sich immer in das gemachte Nest setzen und in Zeiten, in denen alleine das Wort „Surf“ (ähnlich wie es dem „Indie“ erging) eh nur noch an billige Marketing-Kampagnen erinnert, diese Welle so dermaßen ausschlachten, dass sie sich neben ca. 2879 anderen alleine innerhalb der letzten zwölf Monate gegründeten Bands mit angeblichem Beach-Feeling einreihen? Alleine dieser hässliche, marktorientierte 80er-Wave-Pop-Einschlag – kann das nicht mal irgendwann aufhören? Das war in fast allen Fällen schon vor gut 30 Jahren ätzend. Und ist heute sicher nicht besser.
Ich weiß nicht, ob ich den Drums jetzt irgendein Kalkül unterstellen möchte. Vielleicht passen die einfach in diese Zeit und sind deshalb jetzt gerade dabei, ein kleines bisschen bekannter zu werden.
Den „Surf“-Overkill-Vorwurf kann ich aber nicht so stehen lassen: Nenn mir einfach mal zehn Bands, die ähnlich klingen und gerade ein Album am Start haben! Ich krieg es nicht hin.
Hingegen im Grenzbereich Indie/Folk oder Indie/Rock könnte ich dir alleine 50 Releases aus den letzten vier Wochen nennen, denen an Verwechselbarkeit nicht mangelt. Die werden zum Glück nicht alle hier bei AUFTOUREN besprochen, aber die nerven zumindest mich momentan wie der olle neue Köter meiner Nachbarn…
Man muss da zwischen dem Surf/Beach- und dem 80er-Wave-Overkill (in manchen Fällen mag das auch unter den Post-Punk-Deckmantel fallen) unterscheiden. Der Surf-Overkill findet ja nicht nur im Bereich Musik statt, dazu genügen ein Gang durch eine x-beliebige Stadt und ein Blick in die Schaufenster. Aber gerade im Moment strömen da zig Bands mehr oder weniger sinnvoll auf den Strand zu: Toro Y Moi, Memory Tapes, Delorean, Washed Out, jj, Neon Indian, Best Coast, Girls, Kurt Vile, Real Estate, Surfer Blood (Beach House zähle ich hier ausdrücklich nicht zu) oder natürlich angesagte Labels wie Woodsist oder Mexican Summer – in allen Fällen soll dieses (sorry für das nächste Szene-Wort) „chillige“ Strandgefühl vermittelt werden. Das gelingt in manchen Fällen ganz gut. In anderen nicht. Achja, das nächste Werk von Wavves heißt übrigens „King Of Beach“…
Der 80er-Wave-Overkill findet ja indes schon seit vielen Jahren statt, spätestens seit dem Debüt von Franz Ferdinand oder dem Hype um Maximo Park und Bloc Party hat man da ja keine Ruhe mehr. Und auch wenn The Drums vielleicht gern 60er sein wollen, höre ich da viel (spontane Aneinanderreihung): Darwin Deez, Two Door Cinema Club, Arctic Monkeys, Phoenix, The Whitest Boy Alive, Ra Ra Riot, Hot Hot Heat, The Bravery, Futureheads, Kaiser Chiefs, We Have Band oder aber auch Vampire Weekend.
Im Prinzip hätte ich mir die ganze Aufzählung sparen können, indem ich einfach mal auf die Killers verweise. Die machen auch diesen aufpolierten, glitzernden Wave-Pop.
Ach, ich möchte The Drums eigentlich gar nicht so verteidigen müssen, aber irgendwie finde ich hier (und da streite ich gerne mit dir) die Band etwas falsch kontextualisiert – und dass du selbst sechs Jahre alte Veröffentlichungen zur Untermauerung deiner Thesen brauchst, spielt mir da nur in die Karten.
Ich finde, man muss etwas zwischen den ganzen Stilen unterscheiden, auch wenn das gerade oft inzwischen nicht mehr so leicht ist. Übrigens ist das auch ein Ausdruck musikalischer Evolution. Das mit dem Strand-Charakter mag viele oben genannte Künstler einen, aber doch sehe ich da ganz viele Ansätze: Chillwave lässt den Dreampop der 80er aufleben, Tropical ist eher im Copa-Cabana-Sound der 70er verhaftet und zwischendurch ist da viel mehr Shoegaze, Folk und Psychedelik als bei The Drums zu finden ist. Denn die Musik der Drums ist linear und im Grunde einfach etwas verhallter Gitarrenpop. Ich sehe die da viel eher an den schwedischen Labrador-Label-Auswüchsen als z.B. an den doch viel zackigeren post-punkigen-Entwürfen der englischen Truppen wie Maximo Park. Und die kleinteiligen Tropical-Sample-Sounds von Delorean sind da so weit weg wie die schon gar nicht mehr zu erkennenden Synthie-Ergüsse von Memory Tapes bis The Whitest Boy Alive.
Aber vielleicht können wir uns doch einigen: Langsam reicht es wirklich mit den ganzen 80er-Defibrillationsversuchen. Inzwischen dauert das Revival länger als das Jahrzehnt.
…wobei allen Mitlesern das wirklich starke Gayngs-Album (VÖ: 04.06.) empfohlen ist, das auf ganz abseitige 80er-Jahre-Sounds referiert, aber das auf eine clevere Art, die man so kaum gehört hat.
Ohne mich jetzt groß in eure Diskussion einmischen zu wollen: An Bands die nach 80ern klingen wird man sich wohl auch in Zukunft gewöhnen müssen. 60s-Revival Bands gibt es schließlich auch schon seit über 30 Jahren, ohne dass es je aufhören würde.
The Drums haben abegsehen davon im Gegensatz zu vielen anderen hier genannten alles in allem eben auch nur so mittelgute Songs, womit eigentlich alles gesagt sein sollte.
An anderer Stelle wurde ich einmal für einen Text kritisiert, in dem es heißt:
„Seit dem Ende der 80er Jahre wird immer wieder gern von einem Revival derselben gesprochen, davon, dass es uns ins Haus stehe, im Gange sei oder auch trotz erster Anzeichen auf sich warten lasse, je nachdem. Warum aber scheint dieses Jahrzehnt ebenso omnipräsent wie passé als auch wegweisend?
Ganz einfach: die 80er sind noch nicht vorbei, jedenfalls nicht in der Popmusik. Denn seitdem werden Dinge, die vorher aufgrund zeitlicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Beschränkungen nie nebeneinander existieren konnten, zusammengebracht. Das begann mit verstärkten Visualisierung des Pop durch MTV, Mixtapes und Sampling und ging weiter mit der CD, später kamen mp3 und Onlineportale hinzu.“
Das mag recht simpel und nach „Postmoderne“ klingen, aber der Gedanke des „Revivals“ an sich ist nicht zeitlos und gelangt gegenwärtig erst dann in die Diskussionen einiger weniger, wenn eine Band, die sich bei verschiedenen (Sub)Genres bedient, eine als unberechtigt empfundene Aufmerksamkeit erhält.
Auch spricht man ja dauerhaft und bevorzugt vom „80er Revival“, ich glaube, dass es gar kein anderes Revival gibt, jedenfalls nicht seit den 80ern. Insofern betrachte ich den Begriff als unzulänglich.
Was mich an den Lausbuben – neben den Songs an sich – stört, ist, dass sie sich berechnend zwischen dem angesagten Wave und dem hippen Szene-Surf positionieren, um ihre maximal mittelmäßigen Songs an den Mann zu bringen. Diese Band hätte es in den 90ern so nie gegeben. Weil sie dann Britpop gemacht hätten.
@Lennart: Für mich geht es nicht um das Jahrzehnt an sich, sondern wohl eher um den schmierigen „Wave-Pop“. Der wird halt seit Jahren dermaßen ausgeschlachtet. Und war in den 90ern doch erfreulicherweise recht weg vom Fenster. Mit der 80er-US-Underground-Szene um Black Flag, Mission Of Burma oder den Replacements wiederum kann ich mich mehr als anfreunden. Aber die hatten im Gegensatz zu den Drums auch wenigstens was zu sagen;)
@Markus: Natürlich erinnern ihre Songs an sich nicht an Delorean oder Memory Tapes, ganz klar, aber das behaupte ich ja auch nicht. Bei diesen beiden Genannten ging es ja expilizit um die „Surf/Beach“-Szene. Und verzeihe, wenn womöglich eine der 20 aufgezählten Bands schon vor sechs Jahren Platten gemacht haben (wobei das ja fast mit dem Franz-Ferdinand-Debüt einhergeht und somit sogar untermauert, dass es seitdem nicht mehr aufhört mit dem Kram) – wenn ich Zeit finde haue ich Dir auch gern 20 ausnahmslos aktuelle Kapellen um die Ohren, die ähnlich klingen;) Auch von mir aber gern ein Kompromissvorschlag: Die Killers oder Darwin Deez sind deutlich näher dran als Maximo Park. Das macht die Drums aber auch nicht besser;)
uff, bei der Diskussion halte ich nicht mehr mit. Platte/Texte/Hype hin oder her, ich werd mir The Drums am Dienstag mal wieder live reinziehen. Livequalitäten stehen bei mir ganz oben bei der Bewertung von Bands. Ich bin mir sicher das sie im Molotow noch besser sind als als Warm-Upper in der Brixton Academy!
(Bis dahin muss ich allerdings noch meine Jonathan Pierce Frisur loswerden – wie sieht das sonst aus XD)
ps: hab gerade den (meiner Meinung nach recht unprofessionellen) „Zerriss“ der Intro gelesen und möchte Markus jetzt anbeten. tz tz tz
[…] hervorging, könnte sich hier noch so mancher Jungspund, den es heutzutage ganz trendgemäß zum Surfen oder Sandburgenbauen an den Strand drängt, den ein oder anderen Tipp abholen. Zumindest die Alben […]