So langsam aber sicher fragt man sich, ob in gewissen Musikerkreisen auf einen ominösen Bandimage-Generator zurück gegriffen wird, dessen ikonographisches Repertoire lediglich aus vergilbter Urlaubsnostalgie besteht. Dabei spricht der offenkundige Umgang mit den sonnigen Referenzen dem Zuhörer doch meist jegliche Phantasie ab. Leider befinden sich unter diesem semantischen Deckmantel oft durchschnittliche Rockbands, die halt auch nur mal ein paar Sandburgen bauen wollen. Und nun die Beach Fossils aus Brooklyn. Braucht die Welt eine weitere Band von diesem Schlag? In diesem Fall lautet die Antwort deutlich: „Ja!“.

Beach Fossils begann als typisches Schlafzimmer-Soloprojekt, wuchs jedoch schnell zu einer „richtigen“ Band heran. Die Weichen von Sänger und Gründer Dustin Payseurs schienen von Anfang an gestellt zu sein: Vater wie Mutter sind Musiker und arbeiten an eigenen Projekten. Das Elternhaus war demnach mit den unterschiedlichsten Instrumenten ausgestattet. Ohne Druck beginnt Payseurs schon früh, sich an diesen zu versuchen. Im Grunde eine klassische Sozialisation, die aber in jeglicher Hinsicht geglückt ist. Denn wo sich kommerziellere Ausläufer des Genres, wie zum Beispiel Surfer Blood und The Drums, lediglich auf die selbst kreierte Super-8-Patina stützen und in punkto Songwriting schwächeln, kann das Trio aus Brooklyn voll punkten. Bei näherer Betrachtung wird schnell klar, dass dem Hörer hier keine imaginären Sommerbilder aufgedrängt werden sollen, sondern reichlich Projektionsfläche für eigene Träumereien bleibt. Die Texte werden selten konkret und entfalten so eine simple, aber schlüssige Poesie. „And we go outside, when the morning’s dark, and we fall in the grass, of an open park, and the sun will break, when our hands hit the tree…” trägt Payseurs im teilnahmelosen Tonfall vor und klingt dabei fast genauso apathisch wie Genrekollege Nathan Williams (alias Wavves) auf dem Stück “Im So Bored”. Auf musikalischer Ebene wird sich nicht nur auf Surfrock und Twee-Pop bezogen, sondern auch der klassische Postpunk aus den düsteren Straßenschluchten der Großstädte an das Sonnenlicht gezerrt. Letzteres macht sich besonders am Rhythmus der Gitarren bemerkbar, die simpel, pointiert und ultra catchy zugleich sind. Wie ferne Erinnerungen scheinen die Melodien aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu hallen, ausgestattet mit jeder Menge Fuzz und Delay. Auch der Gesang macht da keine Ausnahme und geriert sich als nebulöses Echo ohne das Gespür für große Popmomente aus den Augen zu lassen.

Tatsächlich klingt das alles wie ein fossiles Tape, das für Jahre im Sand verbuddelt war. Der Klang wird zudem nicht in einen Schleier aus Verzerrung geworfen, sondern kommt erstaunlich ausdifferenziert daher. Neu ist das natürlich alles nicht, jedoch wird das musikalische Szenario auf eine solch wunderbare Art und Weise durchexerziert, dass es eine wahre Freude ist. Trotz des simplen Rezeptes wollen sich auch nach dem zehnten Hördurchlauf keine Abnutzungserscheinungen einstellen. Das wird sich mit dem Anbrechen der warmen Jahreszeit sicherlich nicht ändern und so kann man wohl mit Fug und Recht schon von einem perfekten Sommeralbum sprechen.

83

Label: Captured Tracks

Referenzen: Wild Nothing, Best Coast, Real Estate, Woods, Washed Out, Wavves

Links: Myspace

VÖ: 25.05.10

4 Kommentare zu “Rezension: Beach Fossils – Beach Fossils”

  1. dominik sagt:

    wow! das ist ja ne richtig schöne platte. hätte ich zu beginn gar nicht erwartet als ich mal kurz über myspace reingehört hatte. und die rezension ist auch gelungen!

  2. Marie sagt:

    Vor allem bei einem weiteren „Beach“ oder „Surf“ im Namen hätte man solch ein gutes Werk kaum erwartet. Schön.

  3. […] Beach Fossils – Beach Fossils Wild Nothing – Gemini Ariel Pink’s Haunted Graffiti – Before Today Actress – Splaszh Efdemin – Chicago […]

  4. […] wurde, deren Angelpunkt namens Zachary Cole Smith bis dato als Tourmusiker bei den Labelkollegen Beach Fossils unterwegs war und der mit drei Mitstreitern als DIIV nun seiner eigenen Kreativität […]

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