Ikonika | Scuba | Breakage | Vex'dContact, Love, Want, Have | Triangulation | Foundation | Cloud Seed
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Referenzen:
2562, Peverelist, Instra:mental, Burial, Untold, Kode9, Joy Orbison, Headhunter, Starkey, Ramadanman, Pangaea
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Autor: |
Markus Wiludda |
IKONIKA – CONTACT, LOVE, WANT, HAVE [Hyperdub]
Bei der Evolution eines Genres dabei zu sein – es gibt kaum Spannenderes! Als dann aber die Kollegen von pitchfork gerade Ikonika zum Paradebeispiel erkoren haben, war das Erstaunen nicht nur mittelgroß. Bisher gelang es dieser Dame nur unter Zuhilfenahme des Frauenbonus‘ positiv auf sich aufmerksam zu machen, zu indifferent, gar langweilig gerieten ihre ersten Gehversuche auf Hyperdub. Nun steht ihr zweites Album „Contact, Love, Want, Have“ in den Regalen und es bleibt ohne eigene Signatur, kann aber durchaus als unterhaltsamer Entwurf gelten – besonders ab Track 3, wenn die Daumenschraube etwas angedreht wird und zwischen Synthies und hartem Geknattere so etwas wie ein erster Hinhörmoment entsteht, den die ersten Tracks nicht bieten konnten. Es scheint, als herrsche etwas Stillstand im Genre, das souverän von Ikonika verwaltet wird. Was natürlich nicht auf alle vierzehn Tracks zutrifft, die mit 8-Bit-Geklimper („R.e.s.o.l.“ / „Look“ und weitere) oder weitläufigen und durchaus unterhaltsamen Weltraum-Songs in die begradigten Fußstapfen der Vorgänger treten. Überhaupt werden die Merkmale des Dubstep-Idioms etwas abgeschliffen, so dass der Übergang zu Elektronika fließend ist. Die verschacherten Subbässe, die dröhnende Präsenz, die wabbelige Aufgedunsenheit – alles keine Merkmale dieses eher aufgeräumten Albums, das Besonderheiten und Eigenheiten vermissen lässt.
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SCUBA – TRIANGULATION [Hotflush]
Düsterer, tiefgründiger erscheint das neue Scuba-Album, das auch eher Verwaltungstätigkeiten ausübt als rasende Experimente zu wagen. Im Gegensatz zum eher mediokren Ikonika-Album ist der Standard trotz permanenten Häkchensetzens hinter den Dubstep-Trademarks ungleich höher. Es sind schließlich die kleinen Dinge, die das Leben wertvoll machen. Diese klug formulierte Plattitüde als wahr zu entlarven, braucht es Zeit und Gelegenheit. Sich lebendig fühlen, wie Lester Burnham in „American Beauty“ ist die Kunst der Betrachtung. Sei es eine lapidare SMS von der Freundin, „Juchuu! Ich hab gerade ein Haar von dir auf meinem T-Shirt gefunden!“, das Spektakel des Indian Falls im Osten Kanadas oder der baumelnde Weißwein an einer Kordel, der im Dortmunder Hafenbecken versenkt ist. Es sind die kleinen Dinge, die Musik so wertvoll machen. Sinnige Verästelungen auf Dubplates, die durch Hall Raum definieren und das schiere Leben festhalten, zum Beispiel. Und diesen Dreh hat der Brite Scuba ziemlich perfekt raus. Er hält sich gerne mit Details auf, auch wenn er auf „Triangulations“ nicht mehr die Atmosphäre zu seinem erklärten Ziel macht, wie auf dem noch besseren, weil stimmungsvolleren „A Mutual Antipathy“. Kaum gibt es mehr die fließenden Klangfluten, kaum mehr den namensgebenden Unterwasser-Charme (Scuba = Self-Contained Underwater Breathing Apparatus, das gängige Taucherutensil). Das Effekthaschen überlässt er aber weiterhin und bietet neuerdings schnörkellosen Dubstep, der durchaus näher zum House rückt. Die auffälligsten Tracks sind dabei immer die besten, wie das gehemmte „So You’re Think You’re Special“ (an dieser Stelle zum Gratisdownload) beweist, das neben allem Sublimen auch Sinn für das Sinnliche pflegt.
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VEX’D – CLOUD SEED [Planet Mu]
Eine ganz andere Aufarbeitung des Dubstep-Sounds pflegt das Duo Vex’d: Seit der Schule machten sie zusammen Musik, entwickelten sich aber bereits vor Jahren in unterschiedliche Richtungen, so dass „Cloud Seed“ ein Abschlussalbum geworden ist, ein halbes. Darauf befinden sich alte Tracks und Remixe – die meisten aber erstmals auf CD erhältlich. Entsprechend ist diese Revue ein wilder Ritt durch die Genre-Geschichte. „Heart Space“ beispielsweise ist mit der verdrogten Niedlichstimme nah dran am TripHop, „Shinju Bridge“ fängt den Nachhall einer exzessiven Diskonacht ein (kann sich aber an nix mehr erinnern) und „Oceans“ betont die Stetigkeit des Lebens in einer musikalischen Metapher die daherkommt wie ein gewöhnlicher Tag. Dazwischen gibt es Remixe von Plaid bis Prokofiev, die souverän die Möglichkeiten des Duos ausloten. Richtig spannend wird es nie, jedoch ist „Cloud Seed“ ein angenehmes Innehalten, während die nächtliche londoner Sykline sich fast täglich zu ändern scheint.
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BREAKAGE – FOUNDATION [Digital Soundboy]
Die reine Referenz zum Dubstep treibt auch das neue Breakage-Album in diese Rubrik, obwohl dieser Mann mit Drum’n’Bass ins Bett geht. Aber wenn selbst Mr. Dubstep, Burial, für einen Song mit von der Partie ist, lohnt ganz gewiss die nähere Beschäftigung, obwohl dieser Sound wie eine freche Brust aus dem Korsett hüpft, das Breakage auf „Foundation“ aufzubauen versucht, es ihm aber gottseidank nie gelingt. „Verhallt mäandernde Soundpatterns, mit rauschenden Effekten versehene und unverständliche Gesangsspuren, vereinzelt platzierte Klöppeleien, peitschende asynchron arrangierte Claps“, schreibt die Spex zu „Vial“, das aber über den Status „bekannt, geliebt, aber etwas bieder“ doch nicht herauszukommen vermag. Andere Tracks, wie die etwas dräuendere, poppigere Zusammenarbeit mit „Donae’o“ oder das Roots-Manuva-Feature sind da schon etwas zwingender, wobei auch hier immer die Gefahr präsent ist, das Ziel und die Idee aus den Augen und Ohren zu verlieren. So wirkt „Foundation“ über die volle Distanz ungemein unterhaltsam und abwechslungsreich moduliert, aber etwas blutarm und von der Produktion zu sauber, um wirklich auch langfristig aufhorchen zu lassen. Die nächsten Kandidaten stehen aber bereits Dubplate zu Fuß: Mount Kimbie und Darkstar darf man einiges an nötiger Innovationsarbeit zutrauen.
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„Frauenbonus“
Wie kommst du denn bitte darauf?