„Andorra“ ist in weite Ferne gerückt: Nach den romantischen Frühlingsausflügen des Vorgängers findet Dan Snaith nun Gefallen an der Vorstellung einer verspielten, pochenden Elektro-Platte für die Tanzfläche und lässt sich u.a. von Jeremy Greenspan (Junior Boys) unter die Arme greifen. Ein ambitioniertes Projekt, das manchmal vor lauter Schaffenslust die Zielrichtung aus den Augen verliert und vor allem dann gewinnt, wenn die Spuren der Vergangenheit zumindest noch schemenhaft zu erkennen sind.

Die sonnige Atmosphäre des Vorgängers ist einer dunkleren, aber dennoch lebendigen Stimmung gewichen. Statt 60er-Psychedelic und bunten Wiesen ist „Swim“ – besonders im Mittelteil – eher durch geradlinige Beats, IDM oder 80er-Dream-Pop-Anleihen gekennzeichnet. Auffällig: Nicht immer gelingt es Caribou, sich deutlich von den „neuen“ Genre-Kollegen abzugrenzen. „Hannibal“ etwa schielt ein wenig zu offensichtlich in Richtung Kieran Hebden (Four Tet), ohne eine eigene Persönlichkeit zu offenbaren, und auch die dominanten Glocken im düsteren Grundgerüst von „Bowls“ huldigen Pantha Du Prince leicht unbeholfen.

Erfreulicherweise geht die Rechnung an anderer Stelle aber voll auf. So wirkt das schon vorab bekannte, enthusiastische „Odessa“  (hier im Gratisdownload) trotz seiner zahlreichen Spuren (ja, auch die lieb gewonnene Flöte setzt im hinteren Teil wieder ein!) und dem ungebremsten Caribou’schen Tatendrang zu keiner Zeit überladen. Ein unwiderstehlich treibender, funkiger Groove Marke LCD Soundsystem hält das Stück in der Bahn und die Hüfte in Bewegung. Gar noch euphorischer zeigt sich das direkt an das dezent melancholische „Laibela“ angrenzende Schlussstück „Jamelia“: Warme Synthies, klackernde Percussions und ein Free-Jazz-Quartett, das Snaith beim ATP in New York kennengelernt hat, leiten das Treiben noch recht betulich ein, während Gastsänger Luke Lalonde von den Born Ruffians mit ruhiger Stimme bewusst auf die falsche Fährte führt. Nach einem verblüffenden, unangekündigten Break kippt der Song allerdings und verwandelt sich – ähnlich wie der Opener der letzten Animal-Collective-EP „Fall Be Kind“ – in einen tanzenden, tosenden Kreisel.

Die große Spielwiese, auf der Caribou genüsslich seine Decken ausbreitet, gewährleistet Abwechslung, lässt auf „Swim“ jedoch einen erkennbaren roten Faden vermissen. Die Songs funktionieren für sich genommen teilweise außerordentlich gut, hinterlassen aber gleichzeitig den Verdacht einer fast willkürlichen Anordnung – ein Albumfluss ist schwerlich auszumachen. Erfreuen kann man sich freilich trotzdem, zum Beispiel an „Leave House“, das die psychedelischen Popspuren früherer Tage ebenso begeisternd in die Elektro-Gegenwart projiziert wie „Kaili“ und auch das eher an einen aufkommenden Nordseesturm als die pralle Hitze erinnernde „Sun“ lässt die Pobacken sogar im strömenden Regen schwungvoll wackeln. Mangelnde Klubtauglichkeit kann man dem sympathischen Herrn anno 2010 nun wahrlich nicht vorwerfen.

74

Label: City Slang

Referenzen: Four Tet, Manitoba, The Field, Pantha Du Prince, Animal Collective, Junior Boys, Panda Bear, Small Faces, Pink Floyd

Link: MySpace

VÖ: 16.04.2010

5 Kommentare zu “Montags-Preview: Caribou – Swim”

  1. […] das große Ganze macht es Caribou bei diesem Video nicht: Es geht ums Leben, um die Erinnerung, um Natur und wie all […]

  2. […] CocoRosie – Grey Oceans Marina & The Diamonds – Family Jewels Trentemøller – Into The Great Wide Yonder John Grant – Queen Of Denmark Caribou – Swim […]

  3. […] liegt. Aber nun zu den wichtigen Dingen: In der Verlosungstrommel befinden sich Arcade Fire (2xLP), Caribou (2xLP), The National (Expanded CD Edition), Shirts und 7-Inch-Splits von Menomena und die […]

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