GoldfrappHead First
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Referenzen:
M83, The Sound of Arrows, The Human League, ABBA, Giorgio Moroder, Van Halen
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Autor: |
Uli Eulenbruch |
„I’m feeling alive again.“ „I wanna life, I want it now forever.“ „My whole world in light, head first in love.“ Keine Frage, Alison Goldfrapp geht es gut. Nicht nur auf dem Cover von „Head First“, dem fünften Album, das sie zusammen mit Will Gregory unter ihrem Nachnamen in die Welt gesetzt hat, schwebt ihr Kopf in rosig bis blauen Wolken. Da sich, im Gegensatz zu manch einem Buch, bei Goldfrapp-Alben sehr wohl vom Artwork auf die Musik schließen lässt, macht schon dieser Anblick klar, dass die melancholische, angefolkte Naturverbundenheit von „Seventh Tree“ einem schwelgerischen, farbenfrohen Synthesizer-Soundbild gewichen ist: Goldfrapp setzen dem 80er-Revival dezent die Krone auf.
Die Rede ist hier freilich nicht von den Teilen der Spätsiebziger bis Mittachtziger, die auch nach gefühlten Unmengen von Franz-Ferdinand- und Interpol-Epigonen unter Musiksnobs noch als angesagte Referenzen gelten. Nein, Goldfrapp huldigen weder Joy Division noch Gang of Four, vielmehr ABBA, Moroder und Van Halen. Angesichts des Ergebnisses fiele es schwer ihnen diese Wahl abzusprechen, besser als mit den dicken Synthhooks, die sich auf „Alive“ so prächtig mit Goldfrapps kräftig-ätherischer Stimme vermischen, ist die simple emotionale Direktheit ihrer Euphorie kaum zu vermitteln. Dass u.a. die Damen Boots und Roux – mit gemischtem Erfolg – letztes Jahr mitunter ähnliches Popterrain bearbeiteten, hat das wandlungsfähige Duo nicht gestört, „Head First“ scheint mit unbesorgter Eleganz geradezu ignorant hinsichtlich halbjährlich wechselnder Medienhypes.
Das könnte man Goldfrapp und Gregory zum Vorwurf machen, andererseits würde einem dann die wohl dickste und schönste ABBA-Hommage des Jahres entgehen. Gemütlich getragenes Pianospiel bildet zunächst das ökonomische Zentrum des Titelstücks, bis in der Mitte ein endorphinschwangerer Refrain mit einem glitzernden Synthschwall und einer plötzlich omnipräsenten Stimme alles überflutet. Etwas weniger schwerelos ist jene Stimme noch zu Albumbeginn, in dem sich Goldfrapp zu einem schwer an Van Halens „Jump“ erinnernden Keyboardriff in „Rocket“ einer menschlichen Last auf radikale und treibstoffintensive Weise entledigt und dabei „Oooh, I’ve got a rocket / You’re going on it / You’re never coming back“ frohlockt.
Mit seiner Luftigkeit droht „Head First“ besonders in der zweiten Albumhälfte etwas zu verträumt zu werden, gerade weil die eingesetzten Beats die Stücke lediglich in Bewegung halten, ihnen aber kaum bassige Schwere verleihen. Aber zum Einen ist die ganze Angelegenheit mit neun Stücken über 35 Minuten kurz und knackig gehalten, zum Anderen warten wie im herrlichen, von gelooptem Hauchen durchzogenen „Hunt“ auch immer wieder Melodien auf, die stark genug sind das Stück zu tragen, aber nicht so wuchtig, dass sie das delikate Gesamtgefüge durcheinanderbrächten. Sonderlich innovativ mag „Head First“ nicht sein, dafür erfüllt es die Kriterien eines seiner Songtitel vorzüglich: „Shiny And Warm.“
Label: Mute
Referenzen: M83, The Sound of Arrows, The Human League, ABBA, Giorgio Moroder, Van Halen
VÖ: 19.03.2010