Extra LifeMade Flesh

Der aktuelle Videoclip zu „Headshrinker“ und spätestens dieses höllische Grinsen am Ende machen klipp und klar: Der New Yorker Charlie Looker gehört auch auf dem zweiten Album seines neuen Projektes noch zum Kreise derer, denen man lieber nicht im Dunkeln begegnen möchte. Das können auch die saftigen grünen Blätter im Hintergrund nicht kaschieren.

Die Zeit, in der Looker noch zum festen Stamm der brachialen Experimental-Noiser von Zs zählte, hat bis heute, das zeigen bereits die ersten Minuten auf „Made Flesh“, ihre Spuren hinterlassen, auch wenn diese bei Extra Life nur einen Teil des Gesamtpaketes ausmachen. Die wahnsinnige Rhythmik von „Voluptuous Life“ und „The Ladder“ verwirrt und hebelt schon zu Beginn genüsslich sämtliche Hörgewohnheiten aus. Es sind neben dem ständigen, niemals abzusehenden Wechsel zwischen laut und leise, Metal und Neofolk, Mittelalter und Zukunft, vor allem die verstörenden, stets mit der Geschwindigkeit fechtenden und mit beinahe allen Tonlagen jonglierenden Vocals, die das Werk zusammenhalten – manchmal, wie in „Black Hoodie“ sogar fast friedlich (aber das dachte man an anderer Stelle auch schon mal, ausgerechnet beim zwischenzeitlich fast balladesk vorgetragenen und doch reichlich beängstigenden „One Of Your Whores“), wenig später („Easter“) wieder böse bis ekstatisch. Dave Longstreth (Dirty Projectors) ist häufig nicht weit weg, aber auch Maynard James Keenan und der klinisch kalte Klangcharakter von Tool sind nicht nur schemenhaft auszumachen.

Das radikale Denken in offenen Systemen, das insbesondere solch artverwandte Größen wie John Zorn, Mike Patton oder auch Tyondai Braxton (Battles) eindrucksvoll vorleben, steht auch hier im Zentrum, wenngleich sich Extra Life zuweilen nicht scheuen, die Stücke kurzfristig in einen Popsong zu verwandeln. Stellvertretend hierfür können das Titellied oder „The Ladder“ angesehen werden. Denn trotz des ganzen Wirrwarrs verheddert man sich urplötzlich in einem Refrain, der sich dazu noch erstaunlich offen anzuschmiegen versucht und sogar die seltene Möglichkeit bietet kurzzeitig mit zu summen. Wenn dann aber am Schluss das elfminütige „The Body Is True“ dem heillosen Durcheinander nochmals die Krone aufsetzt und den Beweis liefert, dass „Made Flesh“ an manchen Tagen schlicht nicht zu ertragen ist, schwankt man nicht zum ersten Mal zwischen Heißhunger und Völlegefühl.

75

Label: Loaf

Referenzen: Zs, John Zorn, Mike Patton, Scott Walker, Tyondai Braxton, Tool, Dirty Projectors

Links: Loaf, MySpace

VÖ: 01.04.2010

Ein Kommentar zu “Montags-Preview: Extra Life – Made Flesh”

  1. Lennart sagt:

    „Hello!

    I just saw the Extra Life review on your website.
    would it be possible to add that the Vinyl version of the album is available on africantape?
    Thanks!“

    Kein Thema!

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