DelphicAcolyte

„Unsere Musik soll wie ein Nachhauseweg klingen“, das sagt Sänger James Cook selbst über seine derzeit in allen Blogs und Gazetten hoch gehandelte Band Delphic. Und tatsächlich gelingt es den vier jungen Mancunians auf ihrem Debütalbum „Acolyte“ ganz genau diejenige Stimmung einzufangen, die eintritt, nachdem die Party ihren Höhepunkt langsam überschritten zu haben scheint und pure Euphorie sich mit Wehmut zu vermischen beginnt.

Delphic fügen sich damit einerseits perfekt in die einst von New Order kultivierte musikalische Tradition ihrer Heimatstadt und umgehen andererseits auch die ungeliebte und Gott sei Dank längst begrabene New Rave-Schublade, in die man sie vor zwei Jahren noch ganz unweigerlich gesteckt hätte. Denn „Acolyte“ ist ein Elektro-Rock-Album, das es wissen will und sich nicht, wie etwa die zuletzt in eine ganz ähnliche Kerbe schlagenden Memory Tapes hinter seiner eigenen Verhuschtheit versteckt. Hier ist wirklich drin, was die bisherige unaufhaltsam nach oben drängende Karriere der Band vermuten ließ. Nach ersten Singles auf Polydor und Kitsuné, Touren als Support von The Streets und Bloc Party und Vermerkungen auf sämtlichen Watchlists für 2010 folgt ein Debütalbum voller Hits und großer Gesten, das die hohen Erwartungen um jeden Preis erfüllen will.

Die aktuelle Single „Doubt“ beispielsweise setzt den Weg ihrer hier ebenfalls vertretenen Vorgänger „Counterpoint“ und „This Momentary“ mit fröhlich pluckernden Synths und sofort ins Ohr gehendem Mitsingrefrain fort, während der Opener „Clarion Call“ eine täuschend echt kopierte Bloc-Party-Performance zum Besten gibt und damit gleich zu Beginn klarstellt, dass man sich in Zukunft auf den ganz großen Bühnen, irgendwo zwischen eben diesen und den Chemical Brothers verortet sieht. Auch „Red Lights“ mit seinen Stimmdopplungen und das, da gehe ich jede Wette ein, die nächste Singleauskopplung  markierende „Halcyon“ fügen sich perfekt in diesen Hitkanon ein, währenddessen der zentral platzierte Titeltrack in epischen neun Minuten versuchsweise die Rave-Extremsituation simuliert.

Das imaginäre Messgerät für übertriebenen Pop-Kitsch und Effekthascherei schlägt bei all dem hier in Blockbustermanier abgefeuerten CGI-Wahnsinn selbstverständlich des öfteren in rötlich gefärbte Bereiche irgendwo zwischen U2 und Trance aus. Insbesondere „Submission“ kann sich manchmal kaum zwischen Tanzflächen-Emo und a-ha entscheiden. Letzten Endes beweisen Delphic aber doch immer wieder genügend Sensibilität um „Acolyte“  noch auf die gute Seite hinüber zu retten, ein Album, das in diesem Jahr weder aus der Indiedisco, noch von den spätabendlichen Festivalbühnen (ungefähr zu Sonnenuntergang) wegzudenken sein wird. Auf die Halbwertszeit sei hiermit ersteinmal ausdrücklich geschissen.

70

Label: Polydor / Cooperative

Referenzen: New Order, Bloc Party, Klaxons, Chemical Brothers, Cut Copy, Memory Tapes, Daft Punk

Links: Homepage, MySpace

: 29.01.2010

5 Kommentare zu “Rezension: Delphic – Acolyte”

  1. Sven sagt:

    Gute, differenzierte Rezi – gefällt mir! „Doubt“ dürfte einer der Hits des Jahres sein.

  2. […] heimlichen Headliner Mumford & Sons und dem extrem tanzbaren, rhythmisch wuchtigen Konzert von Delphic (furios: der Doppelpack „Halcyon & Counterpoint“) ins Zelt gekrochen.Natürlich nicht, ohne […]

  3. […] wisst ihr noch: Vor nicht allzu langer Zeit erschien „Acolyte“, das Debütalbum einer Band aus Manchester, ein Album, das so einige aufhorchen ließ. Die Beats […]

  4. […] nicht zu schade ist. Und sonst so? “We didn’t want to make an album that replicated Acolyte” – das dürfte ihnen gelungen sein. 8. März | Knust. […]

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