These New PuritansHidden

Es war zunächst nicht klar, ob es sich bei These New Puritans nur um eine x-beliebige Gitarrenband mit Postpunk-Einschlag und einem Minihit handelte oder ob einmal etwas Außergewöhnliches aus ihnen werden würde. Zwar schien auf ihrem Debüt „Beat Pyramid“ eine erfreuliche Faszination mit schneidigen, sehr un-80er Synths und treibenden Beats durch, an anderer Stelle aber führte sinnlose Repetition zu einem Monotonieeffekt oder klangen sie gar wie TV-On-The-Radio-Nachahmer.

Derlei Fragen nach Nachahmerei und Mitläufertum darf man gleich zu Beginn ihres zweites Albums „Hidden“ deutlich verneinen: ein langes, fagottgeführtes Blechbläserintro wird gefolgt von einem Siebenminüter, der über wuchtigen Trommeln nicht nur verbal erklärt: „We Want War“. Unruhiges Knarzen, ein wachsender Bläserkader aus Posaunen, Hörnern u.a. stimmt ein, Rockinstrumente spielen hier höchstens eine Nebenrolle. Spätestens wenn ein Chor mit Lovecraftschem „Iä! Iä!“-Gesang einfällt wirkt die Single, die schon von einem ausgezeichneten Video begleitet wurde, wie eine rituelle Beschwörung, und tatsächlich durchziehen die Texte von Sänger Jack Barnett – der sich auch für sämtliche Kompositionen verantwortlich zeigt – Referenzen an erwachende Natur und britische Mythen dass man sich nicht zum ersten Mal an The Fall (hier speziell an „Hex Induction Hour“) erinnert fühlt, schließlich ist deren „New Puritans“ bandnamensgebend und besonders in „Elvis“ schien Barnett auch mit seinem Sprechgesang in den Fußstapfen Smiths zu wandern.

Von dieser Aufgeputschtheit ist auf „Hidden“ jedoch nun wenig zu merken, wie in Trance folgt Barnetts Stimme dem Brodeln und Anfeuern einer Vielfalt von Beats (u.a. kommen Rototom, Tom Tom, Taiko, Tamborim + elektronische Percussions zum Einsatz) und den Bläsern der Prager Symphoniker, die auch Labelkollege Owen Pallett für sein neues Werk zu Rate zog. Die orchestralen Elemente sind dabei keineswegs schmückendes Beiwerk oder plumpe „Und jetzt alle“-Ufftata-Akzentuierung, sondern essentiell für Klangcharakter und Struktur der Stücke: delikat koordiniert werden hier Melodien rumgereicht, kontrapunktiert, über Bande gespielt oder unterbrochen, dass Barnett all dies im Voraus arrangiert hat, belegen auch die Notenblätter, die der Sonderedition des Albums im Hardcovereinband beiliegen.

Das erklärt auch warum „Hidden“ letztlich schlank und alles andere als aufgebläht klingt, besonders mit Kopfhörern erschließen sich tolle Raumeffekte wie ein von rechts nach links gewetztes Messer in „Attack Music“, wo im Hintergrund zunächst Trommeln schlagen und zum Refrain nach vorne drängen.  Trotz martialischen Titels sind auf diese Weise auch das Trommelgewitter in „Fire-Power“ (ein Remake der „Elvis“-B-Seite „fff„) oder das über sechs Minuten stets an Dichte zunehmende Beatmuster in „Drum Courts-Where Corals“ angenehm anzuhören. Letzteres enthält leider auch einen der beiden schwachen Momente des Albums, wenn Barnetts Stimme in den oberen Registern zu dünn wird um die von einem alten englischen Folksong adaptierte Melodie mit voller Stärke durchzuziehen. Umso prächtiger wirkt es dann, wenn in „Orion“ ein wortloser Chor die Sterne anbetet – oder zumindest mutet es so an. Denn auch wenn man ein paar der textlichen Referenzen erkennt, „Hidden“ ist kein Album, das einer inhaltlichen Erklärung benötigt, das verstanden werden will – es will lieber wirken.

82

Label: Domino

Referenzen: Gang Gang Dance, Kenji Kawai, Salem, Liars, The Fall

Links: Homepage, Domino

VÖ: 15.01.10

7 Kommentare zu “Rezension: These New Puritans – Hidden”

  1. […] waren große Teile der Redaktion voll des Lobes für die Avantgarde-Postpunker These New Puritans, den schrägen Gonjasufi, Altmeister Gil Scott-Heron, die im Untergrund von Los Angeles wühlenden […]

  2. […] das These New Puritans vor gut zwei Jahren mit ihrem Debüt „Beat Pyramid“ abgaben, konnte „Hidden“ spielend leicht einlösen. Mit energischem Percussion-Antrieb kreierten die Briten ein reichlich […]

  3. […] Zwischenteil von „I Should Watch TV“ harmonische Parallelen zu These New Puritans’ „Hidden“ zulässt. Das von Clark gesungene „Ice Age“ glänzt durch das rhythmisch geschickt gesetzte […]

  4. […] zu geraten. War „Beat Pyramid“ ein geradezu leichtfüßiger Einstieg, geriet das folgende „Hidden“ schon ein wenig unter die Räder und verband Bass, Band und Brummen zu einer selten gehörten […]

  5. […] von These New Puritans, die live dann doch noch häufiger auf das perkussionsgetriebene „Hidden“ zurückgreifen als auf ihr aktuelles Album „Fields Of […]

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