Element Of CrimeImmer da wo du bist bin ich nie
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Referenzen:
Poems For Laila, Ed Csupkay, Wilco, Blumfeld, Bob Dylan, Olli Schulz & Der Hund Marie
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Autor: |
Pascal Weiß |
Wie zu erwarten war versetzen Element Of Crime den Kritiker wiederholt in eine aussichtslose Lage. Dieses Mal, so lautet das strenge Vorhaben, ist man um eine objektive Annäherung bemüht. Die, und damit haken wir jetzt gleich zu Beginn die auf dem Notizzettel stehenden Kritikpunkte ab, kommt recht schnell zu dem Ergebnis, dass die Band derzeit musikalisch auf der Stelle tritt. „Immer da wo du bist bin ich nie“ klingt schlicht wie ein Plagiat seiner direkten Vorgänger. Beispiele gefällig? Hätte es nicht gereicht, wenn nur „In mondlosen Nächten“ und nicht auch noch „Einer kommt weiter“ so klänge wie „Im Himmel ist kein Platz mehr für uns zwei“? Darf Sven Regener wirklich noch Zeilen wie „Am Ende denk ich immer nur an dich“ oder „Bitte bleib bei mir“ singen? Hat er das nicht schon ein, zwei Mal gemacht? Und, fast noch schlimmer, was hat ein alberner Song wie „Der weiße Hai“ auf einem Album einer Band zu suchen, die vielleicht nicht gerade DJ Ötzi unter ihren MySpace-Top-Friends auflistet? Und …
Der erste Din-A4-Zettel guckt einen traurig an, auch der letzte weiße Fleck ist ziemlich kompromisslos in den Besitz krickeliger Bleistift-Schrift übergegangen. Doch bevor der College-Block-Rückwand der Verlust des nächsten Blattes droht, ist es plötzlich wieder da, das – ja, nennen wir es ruhig – „Wir-Gefühl“. Sven Regener, das dürfte unstrittig sein, ist einer von uns, einer, der vom Alltag berichtet, vom Leben, und gar nicht erst versucht eine ekelhaft effekthascherische Co-Welt vorzugaukeln, wie es die Shows im TV-Abendprogramm gerne tun. So werden Trauer („Da wo dein Auto gerade noch stand, fegen alte Männer jetzt die Straße“), Probleme („Und der Glascontainer ist schon wieder voll“), Orientierungslosigkeit („Tu die Hände ans Steuer, wir fahren im Kreis“), aber auch die Sehnsüchte, in der Praxis nichts anderes als das Verlangen nach einem Arm um die eigenen Schultern („Geh‘ mit mir woanders hin, ich weiß noch einen Weg, den kann man nicht alleine gehen“) der Menschen mit ungeschönter Ehrlichkeit dargelegt – ein gut gemeinter Happen Resignation („Und nur wenn ich lachen muss, tut es noch weh“) inbegriffen, aber stets mit der nötigen Distanz versehen, damit der Humor nicht gänzlich verloren geht („Wer die Monatskarte hat, sollte besser nicht am Monatsanfang sterben“).
Die Objektivität ist längst über alle Berge, während eine Stimme, die auf einen guten und vor allem langen gestrigen Abend deuten lässt, im Zuge eines simplen Kaffees mit Karin Zeilen formuliert, die einem selbst seit ewig langer Zeit im Kopf schwirrten, aber nie die Reife besaßen, um in der großen weiten Welt zu bestehen: „Dass das Bier in meiner Hand alkoholfrei ist, ist Teil einer Demonstration gegen die Dramatisierung meiner Lebenssituation. Doch andererseits sagt man, das Schweinesystem sei auf nüchterne Lohnsklaven scharf, darum steht da auch noch ein Whiskey, weil man dem niemals nachgeben darf.“ Im Hintergrund trällert die Band meist fröhlich vor sich hin, jederzeit in der Lage, die alternden Menschen im Biergarten in freudiges, gemeinschaftliches Schunkeln zu versetzen. Ihnen für kurze Zeit das Lächeln zurückzugeben. Spätestens auf dem Rückweg mit der U-Bahn aber hat einen die Einsamkeit wieder fest in ihren Krallen und eine freundlich blecherne Stimme sucht sich ihren Weg in den malzig-schaumigen Schlaf: „Hier ist Endstation, hier geht es nicht mehr weiter, hier steigen alle aus.“
Label: Vertigo Berlin / Universal
Referenzen: Poems For Laila, Ed Csupkay, Wilco, Blumfeld, Bob Dylan, Olli Schulz & Der Hund Marie
VÖ: 18.09.2009
Nach mehrmaligem hören stimme ich zu: Musikalisch leider wirklich nicht viel Neues, dafür mal wieder einige richtig gute Textkreationen.