boniver3Es hat sich einiges getan beim einst vereinsamten Holzhüttenbewohner. Zieht man die Auftritte vom vergangenen Mai beim ATP und im Herbst in Köln als Vergleich heran, sticht einem freilich zuerst die progressiv ansteigende Anzahl von Zuschauern ins Auge. Spielte Justin Vernon aka Bon Iver vor zwölf Monaten noch in einem vertrauten, kleinen Zirkel Interessierter, zeichnete sich bereits im letzten September ab, dass es, zumindest was die Räumlichkeiten angeht, alsbald vorbei sein könnte mit der intimen, kuscheligen Atmosphäre. Die Vermutung sollte sich dieser Tage bestätigen, die 1000er Schallmauer scheint zum Greifen nahe. Diese Entwicklung führt unweigerlich zur spannenden Fragestellung, wie die, ja, inzwischen darf sicherlich von einer „Band“ die Rede sein, damit umgehen würde und ob die steigende Popularität nicht irgendwann die familiäre Atmosphäre ausbremst.

bon-iver2Der Beginn jedenfalls erweckt direkt Aufsehen. Als die ersten Töne erklingen, ist außer Vernon noch niemand auf der Bühne zu erkennen; der Häuptling geht selbstbewusst voran und nimmt seitlich zum Publikum sitzend Platz an seinem Keyboard, die Gitarre griffbereit daneben. Etwas irritiert fällt der Blick derweil auf das gräuliche Muskelshirt. Lässt der Mann jetzt die Muckies spielen? Die aufgebauten Instrumente deuten in eine ähnliche Richtung, die Drums gibt es inzwischen in doppelter Ausführung. Nungut. „Babys“ eröffnet dann sanft die Abendunterhaltung, und langsam aber sicher trauen sich auch die anderen Bandmitglieder Mike (Gitarre), Sean und Matt (Drums) aus dem Schutz des Dunkels. Der Einstieg ist jedenfalls durchaus geglückt. „Blood Bank“ folg auf dem Fuße – es sind unverkennbar die „Post-Emma“-Stücke, die die erste Hälfte des Sets dominieren, lediglich „Skinny Love“ hält die Flagge des Debüts hoch. Die Stille des Anfangs erweist sich allerdings als Trugschluss, immer wieder peitschen einem im weiteren Verlauf die Trommeln noch wesentlich konsequenter um die Ohren als im Vorjahr, treiben die Songs gnadenlos an und bilden, im richtigen Moment eingesetzt, einen willkommenen Gegenpol zum fragilen Gesang.

boniver1Nach dem „Dark Was The Night“-Beitrag „Brackett, WI“ kennzeichnet „re: Stacks“ den Startpunkt der zweiten Hälfte, für einige Minuten sieht sich Vernon nun wieder vollkommen alleine den faszinierten Gesichtern der Zuschauer entgegen. Grund, sich verloren zu fühlen hat er derweil nicht, er kann sie eh längst allesamt auf seiner Seite wähnen. Doch der hier so gekonnt ausgespielte Trumpf des einsamen Musikers, maximal mit Gitarre und Keyboard ausgestattet, führt einem bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, neue musikalische Wege zu beschreiten, doch so schonungslos vor Augen, welch faszinierende, intime Ausstrahlung das Gesamtkonzert an diesem Abend trotz großer Kulisse hätte haben können. Andererseits spricht es natürlich auch für den Künstler, wenn er gewillt ist, die stetige Weiterentwicklung voranzutreiben, anstatt sich mit den bisherigen Medaillen zufriedenzugeben. Hier werden sich eben für ewig die Geister scheiden. Als dann wenig später minutenlang die gesamte Halle „What might have been lost“ singt, sind die Gedanken eh längst abgeschüttelt. Kurze Zeit später verabschiedet sich das Quartett fürs erste, kommt aber schon nach kurzer Zeit zurück, um mit „Creature Fear“ für den endgültigen Schlusspunkt an diesem Abend zu sorgen. Das erstaunlich junge Publikum zeigt sich dankbar und sichtlich angetan, während man selbst langsamen Schrittes aus der Halle geht und das ganze Spektakel drumherum erst einmal verarbeiten muss. Viele Stunden später fällt einem mit verdutzter Miene auf, dass das Lieblingsstück „Flume“ gar nicht gespielt wurde…

–> Ganz lieben Dank an dieser Stelle an Christoph vom Konzerttagebuch für das Bereitstellen der Fotos!!

Ein Kommentar zu “Rückspiegel: Bon Iver in Düsseldorf im Zakk (19.05.2009)”

  1. Oli sagt:

    Guter Bericht, so habe ich es auch erlebt!

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