Scott MatthewThere Is An Ocean...
There Is An Ocean That Divides And With My Longing I Can Charge It With A Voltage That’s So Violent To Cross It Could Mean Death. Puh. Bereits beim Ausklopfen der dreckigen Schuhe im Eingangsbereich sticht einem unweigerlich der Fünfzeiler ins Auge, der das neu angebrachte, überdimensionale Klingelschild ziert. Ganze 26 Worte, oh weia. Ziemlich wackelig hängt das Ding, augenscheinlich nur provisorisch befestigt, an einer einzigen Schraube; irgendwie passend für das seit Jahren zerbrechlich wirkende Zuhause eines zurückgezogenen, einsamen Kauzes. Wer um Himmels Willen soll hier auch schon läuten?
Drinnen alles wie gehabt. „Every Traveled Road“ schleicht sich ganz leise, anfangs beinahe unbemerkt an. Ein herzlicher Empfang. Dabei geht der Blick für die ernste Realität bei aller Wertschätzung des Wiedersehens nicht verloren: „With every sweet hello / There’s a bitter good bye.“ Überhaupt scheint das Verlassen bzw. Loslassen eines der zentralen Themen zu sein, wie das listig anschmiegende „Ornament“ wenig später verrät : „Now you’ve seen all that I’ll never be / It thrills me ‚cause you’re still not leaving.“ Das Gemüt treibt einen in den Wahnsinn. Die Trennung steht dicht bevor, aber noch bringt es keiner fertig, den endgültigen Schlussstrich zu ziehen: „If you only could conceive that there’s a chance“ (White Horse). Ganz klar, die trübselige Stimme macht hier weiter die Musik, Akustikgitarren, Cello & Co. spielen höchstens zweite Geige und dienen der einfühlsamen Einbettung. Masochisten, die sich gern in der eigenen Melancholie suhlen, sind hier wieder bestens aufgehoben, zumindest, wenn sie über eine ausreichende Affinität zum verschrobenen Charakter eines Scott Matthew verfügen. Doch trotz all der salzdurchtränkten Tränen, die durch das gesamte Album fließen, keimt ausgerechnet am Ende immerhin ein kleiner, erlösender Schimmer Hoffnung auf: „In the darkest of oceans there’s light“. Also doch noch nicht alles verloren?
Zumindest wird nach wie vor mit denselben Waffen gekämpft: Klagelieder gegen das ständige Verharren in trostloser Depression. So gelangt das zu Beginn stark aufspielende Werk ziemlich genau zum Pausenpfiff mit dem zweistimmigen „Dog“ an seinen Höhepunkt und fällt nach hinten heraus leider etwas ab. Ein bisschen mehr hätte sich „There Is An Ocean…“ ruhigen Gewissens von seinem Vorgänger abgrenzen dürfen, zumindest ein Hauch Wagemut hier und da hätte sicher nicht geschadet. Allerdings bleibt auch festzuhalten, dass es sich um ein durchaus intensives „Duplikat“ handelt, der große Leistungseinbruch bleibt trotz eher kürzerer Entstehungsphase aus. Abgesehen vom vollgekritzelten, klapprigen Klingelschild also alles beim Alten im Hause Matthews. Er wird es ersetzen. Schon beim nächsten Besuch. Ganz bestimmt. Ob es bis dahin auch für eine neue Inneneinrichtung reicht?
7.0 / 10
Label:Glitterhouse
Referenzen: Antony & The Johnsons, David Thomas Broughton, Devendra Banhart, Andrew Bird, Ray Lamontagne
VÖ: 24.04.2009
[…] Review: Scott Matthew – There Is An Ocean… Auf Touren – PeopleRank: 21 – 19.05.2009 …Devendra Banhart, Andrew Bird, Ray Lamontagne Links: Homepage, MySpace VÖ: 24.04.200… Namen genannt : Scott Matthew + voten […]