Forest FireSurvival
Einigen dürfte die Platte von Forest Fire bereits aus dem Jahr 2008 bekannt sein, da sie damals schon zum kostenlosen Download auf archive.org angeboten wurde. So mauserte sich die Scheibe damals zu einem Geheimtipp unter den Freak Folk Liebhabern. Danach geriet sie ein wenig in Vergessenheit im Schatten der zahlreichen Releases, die uns seitdem aus diesem Genre erreichten. Dann kündigt im Jahr 2009 der Chefrezensent an, ein ganz besonderes Schmankerl zu schicken und was blitzt einem dann aus dem Briefumschlag entgegen? Das wunderbar unaufgeräumte Cover von „Survival“. Schon nach den ersten Sekunden dieser Platte ist verstanden, worum es geht. Forest Fire spielen Folk PunkRock im besten Sinne all dieser großen Wörter und zwar so, dass sie Dir das Herz brechen wird. „I don’t like what I become“, Veränderung ist nicht erwünscht, ganz im Gegenteil. Im Alten finden sich doch genug Variationsmöglichkeiten. Mit schrammeliger Gitarre, allen möglichen Tönen und Disharmonien macht sich das Quartett mit vielen Gastmusikern (darunter übrigens auch Sharon Van Etten) auf, Dir Dein Lagerfeuer auszupinkeln. Der Glaube, dass es irgendwann heimelig und gemütlich wird, sollte schnell fallengelassen werden. Die Musik wird hier von einem unruhigen, zittrigen Geist angetrieben, der in allen Songs spukt. „Fortune Teller“ kommt wie ein netter Folksong daher, doch alleine schon Inneres und Äußeres stimmen nicht überein, spielt sich hier in kryptischen Zeilen doch vieles ab, nur keine lineare Geschichte, wie sie vom klassischen Folk bekannt ist. „Echoes Coming“ beschwört es förmlich mit seinem dahin gesäuselten „A Ghost Honey“ und bevor der ganze Spuk so richtig loslegt, verschwindet der Song wieder im Nichts und schmeißt das weiße Bettlaken und die Ketten hin. Das ist kein „Kopf in den Sand stecken“, sondern gehört zur getriebenen Seele dieses Albums.
Die wunderbar zerbrechliche Produktion tut ihr übrigens dazu bei, dieser Platte ihren ganz eigenen Charme zu verleihen. Alle in einem Raum, und nur ein Mikrophon, ist eben doch manchmal die beste Art aufzunehmen. Da die Bandmitglieder von Brooklyn bis Portland verstreut leben, wurde das Album in acht Monaten eingespielt, da immer wieder längere Pausen nötig waren. Die größtenteils in weniger als fünf Takes entstandenen Songs betreten unterschiedlichste Bühnen, „Promise“ hat bspw. schon fast etwas von Velvet Underground. Gitarrengedröhne und rekapitulierte Satzfetzen, allerdings nicht im Ansatz mit der urbanen Dunkelheit der Velvets ausgestattet. Mit einem Batzen Ohrwürmern und klugen Texten ausgestattet legen Forest Fire ein Album hin, das auch als Versprechen für die Zukunft zu sehen ist. Nach nicht einmal einer halben Stunde kehrt der Geist allerdings wieder in die Flasche zurück. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Mens agitat molem!
7.7 / 10
Label:Talitres/Rough Trade
Spieldauer: 29:39
Referenzen: Vetiver, The Beatles, Fleet Foxes with eggs, Velvet Underground, Sharon Van Etten, Golden Animals
Links: myspace, Talitres Records, Website (mit Links zu vielen offiziellen Albumstreams)
VÖ: 12.06.09
„Mit schrammeliger Gitarre, allen möglichen Tönen und Disharmonien macht sich das Quartett (…) auf, Dir Dein Lagerfeuer auszupinkeln.“
Herrlich.