Review: Seeland – Tomorrow And Today
Für eine Band wie Seeland, die – trotz fast fünfjährigen Bestehens – gerade ihr Debüt vorlegt, fast tödlich: Beim ersten Hören bleibt nichts hängen, nahezu ausnahmslos verheddert man sich in einem undurchsichtigen, verflochtenen Knäuel. Das Ende gleicht dem Anfang, auch mittendrin keine Markierung, kein Anhaltspunkt, alles gleichfarbig. Es scheint unzählige Stunden zu kosten, sich seinen Weg zu bahnen, Orientierung zu finden. Erste anfangs unkenntliche, leicht abweichende Farbtupfer tauchen erst nach und nach in unregelmäßigen Abständen auf („Library“, „Burning Pages“); zu wenig, um wirklich durchzublicken. Also erstmal beiseite gelegt. Es ist eher dem Zufall denn dem dringenden Willen zu verdanken, dass das verdammte Bündel einem Wochen später erneut in die Hände fällt…
Dieses Mal ist es ein klein wenig anders. Fast schon leicht vertraut liegt der Ballen zwischen den Fingern und passt sich beinahe friedlich der Form der umliegenden, greifenden Hand an . Einige Strukturen sind jetzt sogar recht deutlich zu erkennen, die Kniffe des Knoten-Loslösens von Krautrock-Veteranen wie Kraftwerk, Harmonia, aber auch von den in den 80ern sicher nicht unterrepräsentierten Synthie-Pop-Bands mögen helfen. Kaum zu glauben, selbst Wolfsheim sind in manchen Momenten näher, als manch einer anfangs für möglich gehalten hätte. Also was nun, Kopf oder Zahl?
Eine gewisse Monotonie ist den Herren Felton, Bainbridge und McAuley aus Birmingham sicher nicht abzusprechen, allzu leicht drohen die Songs des Gesamtwerks in einem gleichmäßig fließenden Strom unterzugehen. Dieses Problem macht dem Album leider auch auf Dauer ein wenig zu schaffen. Hier und da mehr Ecken und Kanten, unvorhersehbare Spurwechsel oder zumindest ein Fahrertausch auf halber Strecke hätten „Tomorrow And Today“ sicher gut zu Gesicht gestanden. Schade eigentlich, denn eines ist auch klar: Dieser Longplayer geizt nicht mit tollen Momenten („Hang On Lucifer“) oder leise anschleichenden Ohrwürmern („Static Object“), ja, er kann sogar mit Smith´schem Flair dienen („Captured“) – die Briten verstehen ohne Frage ihr Handwerk, arbeiten konzentriert und zuverlässig. Im Endeffekt begnügen sie sich jedoch damit und verzichten bedauerlicherweise auf die erforderlichen taktischen Spielereien, die vonnöten gewesen wären, diesem durchaus hörenswerten Stück Synthie-Pop einen Platz im oberen Tabellendrittel zu sichern.
6.3 / 10
Label: Loaf (Alive)
Spieldauer: 43:49
Referenzen: Stereolab, Harmonia, Kraftwerk, Broadcast, Plone, Wolfsheim, The Smiths
VÖ: 24.04.2009