bocaWege zum Olymp

Dass die Zwei zu den ganz Großen ihres Metiers gehören, dürfte jedem, der sich in den letzten 15 Jahren auch nur einmal ansatzweise mit moderner alternativer Folkmusik (oder wie auch immer man das nennen mag) beschäftigt hat, klar sein. Schufen sie doch beide in dieser Zeit an ihrem jeweils eigenen Mythos, der neben stets wechselnden Künstlernamen, einem ausgesprochenen Ruf als Eigenbrötler und schwierigem Interviewpartner natürlich auch eine ähnliche musikalische Entwicklung von Lo-Fi-Pionieren hin zu ausgefeilteren Produktionen und letztendlich zwei ihresgleichen suchende Diskographien voller  Existenzialismus und Depressionen beinhaltet. Bei so vielen Parallelen scheint es naheliegend, sich ihren nun ziemlich zeitnah erscheinenden neuesten Werken einmal gemeinsam zu widmen.

bonnieDas Glück der Anderen

Den Anfang macht Will Oldham alias Bonnie „Prince“ Billie, der sich bereits im letzten Jahr auf  „Lie Down In The Light“ zum Leidwesen einiger Fans ungewohnt gelöst präsentierte und damit die wohl bisher glücklichste Phase seiner wechselhaften Songwriterkarriere einläutete, denn von der Düsternis früher Palace-Veröffentlichungen oder seines Opus Magnums „I See A Darkness“ ist auf „Beware“ immer noch herzlich wenig zu spüren. Vielmehr setzt das Album den entspannt sommerlichen Kurs seines Vorgängers strikt fort, ohne dabei jedoch dessen Klasse zu erreichen. Zwar sind all die Details, die Frauenchöre und die sich diesmal wieder stark am Country oder auch am Jazz orientierenden Arrangements, die „Lie Down In The Light“ ausmachten, auch hier vorhanden, doch wird man bei allem Respekt leider nie das schale Gefühl los, einem relativ leidenschaftslosen Songwriter bei der Verrichtung seiner alljährlichen Routine beizuwohnen. Auch nach mehrmaligem Hören will außer einer recht angenehm zu nennenden Liegestuhlatmosphäre kaum etwas an diesem Album wirklich haften bleiben. Ein Kenner mag sich an Oldhams charakteristischem, sicherlich intelligentem Spiel mit Genres und Traditionen erfreuen, dem gewöhnlichen Musikhörer bleibt lediglich die Erkenntnis, dass es letztendlich doch vor allem auch so  altmodisch und uncool hippiesk anmutende Dinge wie  „Identifikation“ und  – ähem – „Gefühl“ sind, die Musik wie diese für ihn auszeichnen.

billWenn du…

Warum Bill Callahan in der Vergangenheit immer etwas im Schatten seines immerhin zu Johnny Cash-Ehren gekommenen Kollegen stand, ist schwer nachzuvollziehen. Ob es am nicht ganz so regelmäßigen Output, weniger Namenswechseln  oder doch nur am  Fehlen des obligatorischen Songwriterrauschebartes liegt, kann niemand so genau sagen. Fest steht jedenfalls, dass auch er sich, spätestens seitdem er auf seinem letzten Album nicht mehr mit Smog, sondern eben nur noch mit seinem richtigen Namen angesprochen werden wollte, meilenweit von seinen spröden Lo-Fi-Wurzeln entfernt hat. „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ ist ähnlich wie „Beware“ das vielleicht opulenteste und sicherlich eines der zufriedeneren Werke seiner Diskographie geworden. Diese Entwicklung steht ihm allerdings, anders als Oldham,  sehr (sehr) gut. „I started telling the story without knowing the end“, mit weisem aber nie altklugem Gestus croont Callahan im Opener „Jim Cain“ über streichergetränkten Alt.-Country wie es Lambchops Kurt Wagner nur in seinen besten Lieder hinbekommt. Und gibt damit den Auftakt für neun Songs, die das Schaffen dieses in all seiner Traurigkeit nie selbstmitleidig erscheinenden Mannes wie kein anderes Album vorher zusammenfassen.

Die barocke Gediegenheit seiner aktuellsten Phase, die an John Cales Velvet Underground erinnernden Experimente und ja, selbst die  Reduktion der Frühphase scheinen hier alle (wenn auch manchmal nur unterschwellig) irgendwie vorhanden. Dazu gesellen sich dann Callahans mit warmem Bariton und humanistischem Sarkasmus vorgetragene Texte, die an  Simplizität, Ökonomie und Verschrobenheit wieder einmal absolut unerreicht bleiben. Wie er in „Too Many Birds“ die Worte buchstäblich aufeinander aufbaut um  schließlich ein hypothetisches „If you could only stop your heart beat for one heartbeat“ stehen zu lassen ist schlichtweg so anbetungswürdig, dass man es eigentlich wortwörtlich, anstelle dieser ganzen Rezension, hier veröffentlichen sollte und die Art wie er in „My Friend“ Titel seinen Sätzen eben diese beiden hart gehauchten Worte folgen lässt, gehört schon jetzt  zu den unvergesslichsten musikalischen Momenten dieses Jahres. „It’s time to put god away“ singt Callahan in „Faith/Void“ am  Ende eines wirklich außergewöhnlichen Albums. Klar, wozu sollte man denn schließlich noch beten, wenn da notfalls immer noch Bill Callahan ist, der einen versteht.

5.7 / 10

8.7 / 10

Label: Domino (Indigo) | Drag City (Rough Trade)

Referenzen: Jason Molina, Nick Drake, Townes Van Zandt, Leonard Cohen, Tim Hardin, Iron & Wine, Lambchop, The Velvet Underground

Links: Bonnie „Prince“ Billies MySpace (die beiden haben es bekanntlich nicht so mit den Medien)

VÖ: 13. 03. 2009 | 27. 03. 2009

Ein Kommentar zu “Reviews: Bonnie „Prince“ Billie – Beware | Bill Callahan – Sometimes I Wish We Were An Eagle”

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