mi-ami

Wem Gang Gang Dance schon immer zu elektronisch waren, der dürfte sich nun freuen. Mi Ami sind die andere Seite einer Medaille, die beide Bands um den Hals tragen. Während Gang Gang Dance vielleicht eher die schöne, nach außen getragene Flanke präsentieren, haben Mi Ami sich für die blanke Seite entschieden. Kleine, fiese Krachmusik. Noise, Punk, Experimental, alles irgendwo im Nebel als Eckpfeiler zu erahnen. Warum diese beiden Bands überhaupt in einen Topf geworfen werden? Es dürfte der Umstand sein, dass sich die Stimmen in vielen Momenten einfach unglaublich ähneln, und wenn noch eine weitere Referenz in Sachen Stimmbänder bemüht werden darf, dann dürften das wohl die Blood Brothers Front-Mickey-Mäuse sein. Hysterisch überdreht, in Höhen getrieben, kreischig, geradezu Oskar Matzerathesk und eine Freude jedes „Rachendrachen“-Verkäufers. Doch Mi Ami feuern weder aus allen Rohren der Kunst wie die Blutsbrüder, noch  treiben sie sich in sphärischen Tribalklängen herum wie Gang Gang Dance. Wenn jene LSD sind, dann ist das hier eher die Kanne Kaffe, gemischt mit einer Packung Aufputschmittel. Hellwach, wirr, paranoid und irgendwie immer kurz vorm spontanen Herztod.

Hier wird das Gitarrenspiel gezogen wie ein Pflug durch ein Feld, nicht besonders zügig, aber unglaublich wirksam und intensiv. Jeder Note wird das letzte bisschen Testosteron ausgeklopft, die klassische Kombination aus Bass, Gitarre und Schlagzeug wird in vollkommen neue Bahnen gelenkt. Doch Bass und Schlagzeug bekommen nie die Überhand, selbst im Opener „Echononecho“ holt der Sechssaiter seine beiden Kumpels just in dem Moment ganz schnell wieder auf den Teppich zurück, in dem bei manch anderer Band die totale Eruption gedroht hätte. Die Ausbrüche sind hier keine Tornados, sondern eher kleine miese Lüftchen, wie sie einem bei schlechtem Wetter an der See immer ins Gesicht geblasen werden. Sie lassen die Augen tränen und treiben zur Verzweiflung. Doch manchmal würde Mi Ami der Kollaps gut stehen, nicht in dem atmosphärischen Bohrer „White Wife“, sondern eher bei „Pressure“, in dem sich leider viel zu sehr die Stimme in den Vordergrund schummelt. Der Wahnsinn, den die Stimme reitet, wird vor allem in „The Man In Your Eyes“ auf die Gitarre umgemünzt, doch allzu bald steht man schon wieder im Auge des Sturms und wundert sich über die ganze Aufregung. Das Gitarrenspiel überzeugt in den atmosphärischen Stücken einfach mehr. Das in sich gekehrte Spiel vom letzten Stück „Peace Talks / Downer“ verfehlt seine Wirkung sicher nicht, sondern unterstützt den Song zum Ende konsequent bis die Musik ins Nichts driftet. Statt Spannung zu lösen, bauen Mi Ami ihren Turm immer weiter Richtung Himmel. Wer bei Jenga aufgepasst hat, weiß, was passiert, wenn stets die gleichen Bausteine benutzt werden.

7.3 / 10

Label: Touch & Go/Soulfood Music

Spieldauer: 46:49

Referenzen: Gang Gang Dance, Black Eyes, Liars, Blood Brothers, Black Dice

Links: MySpace, Touch & Go

VÖ: 06.03.2009

Ein Kommentar zu “Review: Mi Ami – Watersports”

  1. […] Doch Mi Ami besteht insgesamt gerade mal aus drei Leuten, auf seinem zweiten Album setzt das Trio aus San Francisco seinen höchst eigenen, dubbigen Punkpfad fort und tritt dabei geschlossener wie auch energetischer auf als bei seinem vielversprechenden letztjährigen Debüt. […]

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