pet-shop-boysHierzulande, und wahrscheinlich nur hierzulande, gibt es sie wirklich noch: Menschen, für die die Pet Shop Boys nichts anderes sind als die britischen Modern Talking. Aber auch in Deutschland haben sich Neil Tennant und Chris Lowe glücklicherweise mittlerweile einen Status erarbeitet, der über bloße Anerkennung weit hinausgeht. Kein Magazin, das etwas auf sich hält, kommt mehr ohne sie aus. Wenn Neil Tennant in Interviews das Wort ergreift, umgibt ihn auch immer die Aura eines Universalgelehrten, der trotz seines sanften Gemütes keinen Widerspruch zulässt. Ein wirklich schlechtes Album haben die Pet Shop Boys bisher noch nicht veröffentlicht, ok, bei „Nightlife“ drücken wir mal beide Augen zu, aber selbst das hatte seine guten Seiten. Folglich ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Erwartungshaltung an ein neues Album von Veröffentlichung zu Veröffentlichung stetig ansteigt.

Die Aufregung um „Yes“ wurde im Vorfeld durch die Vorabsingle „Love etc.“ erheblich angeheizt. Zurecht: Der Opener des Albums bringt alles mit, was einen exzellenten Popsong auszeichnet und fügt sich durch seinen eher minimalistischen Beat perfekt in den Zeitgeist ein. Die Backing Vocals lassen Erinnerungen an Gassenhauer wie „Go West“ und „New York City Boy“ wieder aufleben; die Pet Shop Boys wollten nach den kommerziell weniger erfolgreichen Vorgängeralben „Release“ und „Fundamental“ endlich wieder einen lupenreinen Hit vorlegen, was ihnen mit ihrem besten Song seit mehr als einem Jahrzehnt ohne Zweifel gelungen ist. Dieser Anspruch endet nicht bei „Love etc.“, sondern zieht sich hörbar durch das komplette Album. So sehr „Yes“ vielen seiner Vorgängern ähnelt, so auffällig ist der Drang, aus jedem der elf  Stücke einen Überhit machen zu wollen, streng nach Vorschrift durchgeplant und nichts dem Zufall überlassend. Der Raum für konstruktiven Leerlauf und zum Luftholen, sonst eigentlich immer eine Spezialität der Pet Shop Boys, wird komplett zurückgedrängt. Selbst dem balladesk-seichten „King of Rome“ gelingt es nicht, aus seiner symmetrischen und hochkonzentrierten Form zu entfliehen. Doch was mit einem solchen Konzept bei anderen Acts aus der Sparte Elektropop wie Musik vom Reißbrett klingen würde, ist bei Tennant und Lowe goldrichtig aufgehoben.

Es ist den Londonern gelungen, auf „Yes“ eine imponierende Zahl an Hits zusammenzustellen, die in Bezug auf Ästethik und Zeitlosigkeit keinen Vergleich mit ihren Glanzzeiten scheuen müssen. „All Over the World“ etwa verzaubert mit seinem zwar bestimmt nicht einmaligen, aber sehr geschickt verwobenen Zitat aus Tschaikowskis „Nussknacker“, „Beautiful People“ wird in den einschlägigen Dokusoaps rund ums Einrichten neuer Wohnungen wohl der Nachfolger von „Se a Vida é“ werden und „Legacy“ und „Vulnerable“ geben einen Eindruck, wie The Smiths wohl in Elektronisch geklungen hätten. Auch die von New Labour eingeleitete Transformation Großbritanniens in einen Überwachungsstaat – übrigens von erstaunlich wenigen britischen Bands aufgegriffen – ist wie schon auf „Fundamental“ Thema. Vordergründig berichtet „Building a Wall“ von der Zeit des Kalten Krieges. Doch über ihr schwebt das Damoklesschwert einer vermutlich noch dunkleren, weil komplett überwachten und kalten Zukunft (I’m Building a Wall/ A Fine Wall/ Not so Much to Keep You Out/ More to Keep Me In).

7.3 / 10

Label: Parlophone/ EMI

Spieldauer: 48:44

Referenzen:New Order, Electronic, Erasure, Client, The Human League, Sparks

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 20.03.2009

3 Kommentare zu “Review: Pet Shop Boys – Yes”

  1. Rinko sagt:

    „home & dry“ bleibt mein lieblingssong der 00er pet shop boys :)

  2. poptipp.com sagt:

    Pet Shop Boys – Love Etc. Songtext & Video…

    Pet Shop Boys veröffentlichen mit “Yes” ihr zehntes Studioalbum. Die erste Single heißt “Love Etc.” und überzeugt durch perfekten Synthi-Pop. Der Songtext handelt mal wieder von der Liebe. Ob sie mit diesem Werk an die glorre…

  3. […] deutlich knalliger geraten als die Vorgängerwerke, deren gediegene Tendenz spätestens bei „Yes“ […]

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