51umalatwwl_sl500_aa240_Humor haben sie anscheinend auch noch, denn wer im letzten Sommer zwischen Wolkenbruch und überforderter Security vor dem „Melt-Club“ wertvolle Stunden seiner Festival-Zeit verschwendete, der wird sich beim Anblick des Coverartworks von „Rules“, dem neuen Album von The Whitest Boy Alive, wohl ein Schmunzeln nicht verkneifen können. Doch war dieser von den Festivalorganisatoren wohl nicht mal ansatzweise einkalkulierte Ansturm bei aller Tragik für die meisten Beteiligten auch ein eindeutiges Anzeichen dafür, welchen Nerv die Band um die allseits umtriebige Lieblingsnerdbrille Erlend Øye mit ihrem Konzept von analog erzeugter minimalistischer Tanzmusik getroffen zu haben scheint. Nachdem sie sich nun also mit ihrem Debütalbum „Dreams“ in den letzten Jahren zur Konsensband entwickelten, legen sie jetzt nach und perfektionieren mit „Rules“ ihre ganz persönliche Version von Discomusik.

Dabei erweitern sie die noch auf „Dreams“ gültigen selbstauferlegten Vorgaben, zwecks bestmöglicher Liveumsetzung lediglich analoge Instrumente zu nutzen, zunächst einmal um einige Synthie- und Keyboardmomente und weichen so ihre „Regeln“ etwas auf. Mit vollem Erfolg, denn wo der Vorgänger teilweise noch nach der perfekten Begleitung für entspannte Sonntagnachmittage oder beim Abwaschen klang, kommt die Band ihrer auf Konzerten versprühten Liveenergie hier wesentlich näher. „Rules“ ist mehr Disco, mehr House als noch zuvor. Songs wie „Courage“ oder das überragende „Island“ ziehen einen ganz unweigerlich in ihren groovenden Sog und machen deutlich, dass sich auch The Whitest Boy Alive ganz dem in diesem seltsamen Retro-Jahrzehnt vielleicht schon allzu oft formulierten Ziel der Verschmelzung von Indierock und Dancefloor verpflichten. Dabei ergehen sie jedoch nicht in den üblichen Dummheiten und Plattitüden deines x-beliebigen Dancepunk-Electroclash-Acts von nebenan. 8Bit-Beats und effekthascherisches Rumgeplärre müssen hier erwartungsgemäß zusammen mit der Neonsonnenbrille beim Türsteher abgegeben werden, denn diese Jungs sind vor allem auch Auskenner und Soundtüftler, deren Wissen und Soundbewusstsein auf ganzer Linie zu beeindrucken weiß. Alles an diesem Album scheint klar und meist schnörkellos. Nur eventuell an den richtigen Stellen ornamental verziert, hält sich das Klangbild strikt an seine minimalistischen Vorgaben, was die Band im heutigen Popkontext so gediegen und einzigartig erscheinen lässt. Und über all dem thront ganz entspannt die seit den Kings Of Convenience so unverzichtbar gewordene Stimme Erlend Øyes, die trotz des eindeutigen Mehrs an Tanzbarkeit dafür sorgt, dass „Rules“ sogar auch noch beim Abwaschen eine mehr als wunderbare Figur macht.

8.3 / 10

Label: Bubbles / Groove Attack

Referenzen: Hot Chip, Hercules & Love Affair, Phoenix, Steely Dan, The Sea And Cake

Links: Homepage, Myspace

VÖ: 27.02.2009

3 Kommentare zu “Review: The Whitest Boy Alive – Rules”

  1. Pascal sagt:

    Sehr schöne Rezension, Bastian! So, jetzt erstmal die LP auspacken, habe sie völlig unerwartet gerade schon in der Stadt kaufen können. Komischerweise ist Island hier aber schon der vierte Track und nicht das Schlussstück.

  2. Sven sagt:

    Klasse Platte, hätte das gleiche gegeben. Wird aber in der sontigen Kritik einigermaßen zerrissen, hab ich das Gefühl.

  3. Bastian sagt:

    was? nö, hab bisher noch nichts schlechtes gelesen.

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum