Touren: Abendprogramm mit den Crystal Antlers – Part 2/2
Ihrem vorauseilenden Ruf als herausragende Live-Band werden die Crystal Antlers von Beginn an gerecht. Wie traditionell bei Musikern zu beobachten, sollte sich auch Jonny beim Einsetzen der ersten Töne in das Gegenteil dessen verwandeln, was er außerhalb der Bühne zu sein vermochte. Der vor wenigen Minuten noch so leise und schüchtern antwortende Kalifornier verwandelte sich von Beginn des Sets an in einen kraftvollen, ungehemmten und lautstarken Frontmann, der seine Bandkollegen vorantreibt. Aber als wahrer Hingucker sollte sich der Mann an den Percussions erweisen. Damian Edwards, mit „unauffälliger“ Sonnenbrille getarnt, hat den Rhythmus wie man so schön sagt im Blut.
Mit Hilfe eines ausgefallenen Tanzstils und imponierender Show-Einlagen verkörperte er die pure Lebensfreude und sorgte er für einen interessanten Gegenpol zum jetzt eher Angst einflößenden Jonny. Dieser hat sich nämlich längst in einen Rausch gespielt, der es ihm unmöglich machen sollte, auch nur Grundrisse der Außenwelt wahrzunehmen. So ist es allein dem aufmerksamen und gedankenschnellen Tourmanager Phil zu verdanken, dass der Mikrofonständer sich nicht längst von der Bühne verabschiedete. Antrittsschnell hechtete er nach vorn, um den Aufprall erfolgreich zu verhindern. Jonny indes schien dies nicht mal aus den Augenwinkeln wahrzunehmen…
Die gesamte Band präsentierte sich durchgehend in sehr guter Verfassung und fand sehr zielsicher den Mittelweg zwischen souveränem Auftritt und jugendlichem Spielwitz. Sicherlich nicht immer einfach, da sie in Europa noch nicht über den Bekanntheitsgrad verfügen wie sie es daheim in Kalifornien gewohnt sind und sich somit nur ca. 40 Besuchern gegenübersahen. Dabei kamen die „Klassiker“ ihrer letzten EP wie „Until The Sun Dies (Part 2)“, „Vexation“ oder „Parting Song For The Torn Sky“ in genau dem gleichen Maße zum Zuge wie Songs des kommenden Albums. Das auch auf dem neuen Werk als Intro platzierte, ohne jegliche Vocals auskommende „Painless Sleep“ macht von Anfang an klar, wo es langgeht. Auch der punkige, knapp zweiminütige Titeltrack und sein unwiderstehlicher Basslauf oder das catchige „Dust“ bleiben sofort hängen. Selbstverständlich darf das standesgemäße Cover nicht fehlen, so wagte man sich an „It´s All Over Now Baby Blue“ und präparierte es soweit, dass es sich erfolgreich in das antlersche Soundgefüge einordnete.
Derweil hat sich auch Victor, der Mann an der Orgel, vollends mit seinem Instrument identifiziert und sich tapfer mit dem Umstand abgefunden, lediglich auf ein Ersatzinstrument zurückgreifen zu können; die beheimatete Orgel wurde gar nicht erst mitgenommen. Inzwischen fällt längst nicht mehr auf, dass Jonny in dem trotz wenig Zuschauern mit ziemlich schlechter Luft versehenen Raum zum Ende des Konzertes langsam mit seiner Stimme zu kämpfen hat, wie er später, jetzt wieder gewohnt schüchtern, verrät. „Hört Euch die Songs lieber nochmal auf Platte an“, bittet er uns höflich. Nach einer guten Stunde, in der einzig der von vielen Zuschauern etwas übertrieben große Abstand zur Bühne bemängelt werden konnte, erntete das „Quintett“ den verdienten Applaus und konnte stolz verkünden, mit 40 Zuschauern nahezu doppelt so viele Menschen angezogen zu haben wir tags zuvor in München. Beim nächsten Europa-Trip, da können wir uns sicher sein, wird ein erfolgreicher Gig an ganz anderen Zahlen gemessen.
(Felix und Pascal)