Review: Alela Diane – To Be Still (2009)
Alela Diane hat sich mit diesem Album zu einer festen Größe im Folk entwickelt. Ihr Erstling mit Studioproduktion wurde vom NME mit zu den „25 besten Free Folk Alben“ gewählt (wer auch immer weiß, was Free Folk sein soll) und dürfte in jeder folkorientierten Liste für die 00er eine Platzierung finden. War es noch die Stärke von “The Pirate’s Gospel”, dass einem mehrere Songs sofort im Ohr hängen blieben und auf einmal aus dem Nichts gesummt wurden, dauert es diesmal wesentlich länger bis sich so etwas wie Highlights heraus kristallisieren. Am ehesten gelingt dies noch auf Anhieb „White As Diamonds“, welches schon neben „The Ocean“ im Netz als Appetithappen kursierte. Was sofort zu erkennen ist: Die Produktion hat sich stark verändert im Gegensatz zu den vorherigen Erscheinungen, was beim ersten Hören mitunter etwas befremdlich wirkt. Wesentlich sauberer und klarer kommt der Sound daher. Jedoch fehlen ihm somit auch an manchen Stellen Ecken und Kanten wie das schöne Schnarren beim Umgreifen der Gitarrenakkorde, die den Vorgänger so sympathisch machten. Manch einer wird behaupten, die rauere Produktion stand Alela Diane wesentlich besser, vielleicht ist es aber auch der konsequente, richtige und logische Schritt nach ihrer Zusammenarbeit mit den Headless Hereos.
Nichtsdestotrotz ist „To Be Still“ ein tolles, verschlossenes Album, bei dem immer wieder die Stimme von Alela Diane den Ausschlag gibt, aus guten sehr gute Songs werden zu lassen. Dies wird besonders bei „Tatted Lace“ deutlich, einem exzellenten, passend zu den nun wieder kalten Tagen klingenden Song. „Snow keeps me alone“ singt sie da. Das ist Sehnsucht nach Sommer und Einsamkeit in seiner schönsten Form. Als weiteres Highlight muss das schon oben erwähnte „White As Diamonds“ gesehen werden, welches mit einem wunderbaren Streicheranfang zu Alela Dianes Stimme überleitet. Der Song steigert sich im weiteren Verlauf durch den Einsatz eines Schlagzeuges, das dem Stück so etwas wie Dynamik verleiht. Wer diesem Werk die Chance gibt, sich zu entfalten und nicht erwartet, dass hier sofort von der ersten Minute an alle Feinheiten und Schönheiten ans Tageslicht kommen, hat mit „To Be Still“ ein Album, das einem viel Freude bereitet und dessen Schönheit in vielen Teilen wohl erst richtig präsent wird, wenn der Himmel blau ist, die Sonne scheint und die Temperaturen jenseits der 25° Grad-Marke liegen.
Diese Musik buhlt nicht um die Aufmerksamkeit des Zuhörers. Wie so viele Folkalben aus der letzten Zeit lebt auch „To Be Still“ von seiner unglaublich schönen, leicht introvertierten und homogenen Atmosphäre. Immer wenn man glaubt, etwas Greifbares gefunden zu haben, huscht es auch schon wieder in den Wald davon. Alela Diane hat sich die nötige Zeit genommen, um den Songs die Chance zu geben, in aller Ruhe zu reifen und auf ein übergeordnetes Ziel hinzusteuern. Die Stücke sind ausarrangierter, wirken jedoch immer noch dezent, ganz im Stile ihrer beiden Vorgängeralben. In einem Interview erzählte sie kürzlich, dass sie zuhause keine Musik hört, sondern auf die Geräusche achtet, die von außerhalb hineindrängen. Genau hieraus nährt sich dieses Album: Aus dem Stillen und den Dingen, die vor der Tür passieren, während man dahinter sitzt und angespannt lauscht.
8.3 / 10
Label: Fargo Records (Rough Trade)
Spieldauer: 47:13
Referenzen: Vashti Bunyan, Mariee Sioux, Joanna Newsom, Kate Wolf, Bert Jansch
VÖ: 20.02.2009
aus der Spex: „Eigentlich müsste der >Female Folk> also treffender >unfree Folk< heißen: Als letzte Schwundstufe des Folk-Revivals hinterlassen Sängerinnen wie Diane und Nadler vor allem den Eindruck einer großen Gediegenheit, eines selbstzufriedenen Post-Hippie-Biedermeiers: pseudoathenthisch und pseudokunstvoll, doch in Wahrheit hochkonfektioniert und klischeehaft. Ihre Musik bietet wenig mehr als die Soundtapete für den eingebildeten Bildungshörer; hübsch anzusehende, aber innerlich zutiefst entleerte Nachwehen eines überflüssig gewordenen Hypes.“
amen.
Eingebildeter Bildungshörer finde ich im Zusammenhang mit der Spex fast schon wieder niedlich. Ihren Sinn für Humor haben sie auf jeden Fall nicht verloren;)
Zur Platte: Natürlich ist das nicht neu, da braucht man auch gar nicht zu diskutieren. Trotzdem hebt sich die Diane-LP verglichen mit den bisher zu hörenden neuen Nadler-Stücken qualitativ doch recht deutlich ab. Einige wirklich tolle Songs sind ja auch dabei. Und hey, it’s a name, bei Wintersleep hat Dich doch auch nicht gestört, dass sie sich doch leicht angestaubter Einflüsse bedient haben;) Von mir gibt´s ne 7,0.