mirroreyeWer einem als Erster bei dieser Platte in den Sinn kommt, ist Bob Ross. Ja, genau der Bob Ross, der sich hinstellt, einen freundlich aus dem Fernseher begrüßt und dann anfängt auf einer weißen Leinwand Dinge zu malen, von denen man denkt, man kann das auch, und am Ende steht er da, lächelt Dich freundlich an und hat sein fotorealistisches Bild vor sich auf der Staffelei stehen.

Und genauso funktioniert dieses Album auch: Also Start mit einem leeren, weißen Blatt, alles auf Null, alles auf Anfang. Auf der weißen Fläche fängt es an zu regnen und es sind nur Tupfen, irgendwelche Striche und Schlieren anfangs, die sich auf dem Bild festhalten, das Papier durchnässen, bis das Blatt ein großes Dunkel umgibt, im weiteren Verlauf kommen weiße Linien hier und da hinzu, mit dem Spachtel wird Farbe gemischt und vermengt, dann hier und dort aufgetragen. Dinge verschwimmen miteinander, Punkte verschieben sich auf dem Blatt scheinbar von alleine, Perspektiven ändern sich.

Soweit es noch zu erkennen ist, liegen in diesem Bild hinter den paar Häusern noch Berge, die jedoch schon langsam ins Blaue der Dämmerung verschwimmen. Ab und zu ein Licht irgendwo am Himmel, ganz weit entfernt, und auch zwischen den Bäumen aufblitzend und wieder verschwindend, nur um nach ein paar Millisekunden abermals wieder aufzutauchen. Wabernde Gitarrenriffs, Synthiespielereien und ein untergeordneter Rhythmus. Psychedelic, Drone und Spacerock verschmelzen hier in einem Spiel, das man eigentlich schon kennen sollte. Man darf keine Songstrukturen erwarten, es geht um die Atmosphäre. Und irgendwo in dieser schlummert das Manische.

Das oberste Prinzip: Wiederholung als Reflektion. Diese Scheibe erfordert Konzentration, denn immer wieder verfahren sich einzelne Songs in ihrer selbst, was aber wunderbar anzuhören ist. (Oder wie es Bob Ross sagen würde: „We don’t make mistakes, just happy little accidents.”)
Wenn man einzelne Songs aus dieser Platte hervorheben möchte, dann wären es zum einen „I Take You As My Wife Again“, welches zum Ende hin latent aggressiv ausklingt und eine Bedrohung aufbaut, die sich doch irgendwo im Nichts auflöst und zum anderen das direkt darauffolgende „Fingernail Tea“, der große Cousin von BRMCs „Rifles“. Verzerrte Vocals, ein wunderbar verspultes Gitarrenriff und Dynamik. Hier beschleicht einen  endlich das Gefühl: Es geht vorwärts.

Doch diese Falle führt nur zum nächsten Kreisel, der einen wieder in die Runde schickt. Und genau das ist ein Kritikpunkt, der trotz des Genres anzuführen ist: Manchmal wirkt das Ganze etwas ziellos und zu narzistisch. „Mirror Eye“ ist im Großen sein eigener Kosmos, in dem sich die Dinge eben um sich selbst drehen. Tritt ein. Nichts weniger als Dein Schatten wird der Preis dafür sein.

7.3 / 10

Label: The Social Registry (Cargo)

Spieldauer: 43:25

Referenzen: Silver Summit, Spacemen 3, Pocahaunted, Can, Religious Knives, BRMC, Faust

Links: MySpace, The Social Registry

VÖ: 06.02.2009

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum