Spätestens seit dem zweiten Album von Antony And The Johnsons, “I’m A Bird Now”, unter anderem ausgezeichnet mit dem britischen Mercury Music Prize, lässt sich an den Ausnahmequalitäten des in New York lebenden Songwriters Antony Hegarty nicht mehr zweifeln. Das durchgehend melancholische Meisterwerk wird getragen von einer gefühlvollen und außergewöhnlich hellen Stimme, die eine eindeutige Geschlechterzuordnung – ebenso wie das äußere Erscheinungsbild von Antony – nahezu unmöglich macht. Die direkt formulierten Texte (“One day I’ll grow up, I’ll be a beautiful woman”) stellen klar, dass der gebürtige Brite nicht auf Mann oder Frau reduziert werden kann. Doch egal welches Geschlecht, Antony versteht es, mit seiner Einzigartigkeit zu begeistern und einmal dem Charme seiner emotionalen Piano-Balladen erlegen, verlangt der ergriffene Hörer nach mehr.

Drei Jahre später und um etliche Projekte erfahrener – man denke nur an “Hercules And Love Affair“ oder die Kollaboration mit Björk – meldet sich Herr Hegarty nun endlich in kammermusikalischer Manier mit seinen Johnsons zurück: “Another World“ nennt sich die Fünf-Track-EP, welche die Wartezeit auf das für Ende Januar 2009 angekündigte Album “The Crying Light“ gekonnt verkürzt. Auch bei den neuen Kompositionen agieren die Begleitmusiker seicht im Hintergrund, so dass die stimmliche Perfektion gewohnt eindringlich zur Geltung kommen kann. Im ersten Song der EP – gleichzeitig Titelstück – droht die Stimme der Kraft des Gefühls zu erliegen und zeitweise scheint ein leises Wimmern zur aufmerksamen Hörerschaft durchzudringen. “I need another world, a place where I can go“: Untermalt von bedrohlich klingenden Rückkoppelungen berührt das „Weltentsagungslied“ intensiver als je zuvor und findet zurecht seinen festen Platz auf dem dritten Album. Traurige Nachdenklichkeit spricht auch aus den folgenden Liedern, wobei sich vereinzelt Hoffnung spüren lässt. Die fortwährend zu vernehmenden Klavierklänge tragen in ihrer Dezenz zu einer ruhigen, gar ehrfürchtigen Atmosphäre bei – unterbrochen von dem im Zentrum stehenden  “Shake That Devil“. Dieser sticht deutlich hervor und bewegt sich nach einem fast ausschließlich auf den Gesang reduzierten Beginn in Richtung Free Jazz. Schlagzeug und Saxofon als vordergründige Instrumente verwerfen die dominierende Düsternis und gönnen eine kurze Pause der Unbeschwertheit. Eine Pause ist den talentierten Musikern nun nicht mehr vergönnt, wird das neue Album doch mit größter Spannung erwartet. „Crying light comes from crystals, in the dark hearts of mountains“. Man verweile in verheißungsvoller Vorfreude…

8.0 / 10

Label: Rough Trade / Indigo

Spieldauer: 19:27

Referenzen: Hercules & Love Affair, Björk, Devendra Banhart, Scott Walker, Rachel Unthank & The Winterset, Portishead, Chad vanGaalen, Rufus Wainwright, Lou Reed,

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 10.10.2008

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