Review: Of Montreal – Skeletal Lamping (2008)
Das Nachbeben von „Hissing Fauna, Are You The Destroyer?“, Of Montreals letztjähriger Großtat, ist auch heute noch deutlich zu spüren. Das inzwischen achte (!!) Album sollte vieles verändern. Unzählige Live-Shows, obere Platzierungen in Jahreslisten, zahlreiche neue Fans und eine deutlich zu spürende größer werdende öffentliche Wahrnehmung waren Resultat eines Werkes, das nicht nur Kevin Barnes, Quasi-Alleinherrscher der Band, half, seine Paranoia und Depressionen zu bekämpfen, sondern auf wundersame Weise den Nerv der Zeit getroffen zu haben scheint. Die offene Darlegung der Gefühle gepaart mit musikalischer Verkopftheit gesteigerten Ausmaßes, bildete den Grundstein der Songs, die kurioserweise nebenbei noch zum Tanzen einluden, so in etwa ließ sich die für viele von Orientierungslosigkeit geprägte Welt wunderbar abbilden. Nun, dahingehend hat sich bis heute wohl nicht viel geändert und trotzdem durfte man sich schon bei Bekanntgabe eines neuen Of Montreal-Albums sicher sein, dass sich keines der Bandmitglieder mit dem Stillstand zufrieden geben würde. Die Frage war nur, welche Richtung sie einschlagen? Zum wohl ersten Mal in ihrer Karriere stand die Band somit beinahe unter Druck und musste beim Schreiben der neuen Songs einen klaren Kurs festlegen. Lieber den Erwartungen der Hörer entsprechen oder ungezügelte Experimentierfreude walten lassen?
„Skeletal Lamping“ gibt die Antwort schon mit dem ersten Song „Nonpareil Of Favor“. Wie bereits vor knapp einem Jahr angekündigt, hat Kevin Barnes für den neuesten Streich einen Alter Ego namens Georgie Fruit, einen schwarzen, bi-sexuellen Mann mittleren Alters, erschaffen, um so neue Blickwinkel und Sichtweisen zuzulassen. Nur allzu verständlich, dass er nach der völligen Zurschaustellung seiner Gefühle auf „Hissing Fauna“ ein klein wenig von sich selbst ablenken will. So kann bereits der Anfang der Platte als Wechsel der Sichtweise gesehen werden (I’m thinking about you / In my secret language / Because I know you’re the only one / Who can help me take it easy / Now I’m happy in the head / Knowing there ain’t no sucker in the world / That’s a threat to us / But we’ve become material / It’s like, hey, you were always there / Just on the tip of my tongue / And I needed you to happen, yeah.), von nun an werden die Gedanken und Gefühle über den selbst erzeugten Georgie Fruit an die Öffentlichkeit getragen. Musikalische Unterstützung findet die Szene in den hämmernden Beats, die nach knapp zwei Minuten den gesamten, bis dato äußerst harmonisch wirkenden Song, in Stücke zerreißen: „I´m cracking my sweet love!!“
Eben diese Stelle kann als Startschuss für die fortan knapp einstündig andauernde Achterbahnfahrt gesehen werden, die einen anfangs nicht selten aus den Sitzen zu schleudern vermag. Ein von Breaks, Tempowechseln, Ecken und Kanten nur so überbrodelnden Brocken haben Of Montreal geschaffen. Ein Werk, das einzelne Trackunterteilungen ähnlich wie bei der kürzlich erschienenen Fiery Furnaces-Platte überflüssig erscheinen lässt, würde ohne die Anzeige im CD-Player eh jegliche Orientierung verloren gehen. Überhaupt existieren kaum wiederkehrende Momente auf „Skeletal Lamping“, von einem Chorus mal ganz zu schweigen. Melodien werden nur kurz angedeutet und dann durch andere ersetzt. Futuristisch klingende, computerunterstütze Drums treffen auf den Funk der 70er, schrebbelnde Gitarren auf einfühlsamen Soul, komplexeste Strukturen auf eingängige Pop-Melodien, nur der Geruch von schweißtreibendem Sex scheint omnipräsent. Of Montreal verzichten auf gar nichts, nehmen vielmehr alles mit, was sie in die Finger kriegen.
Erstaunlich, wie selbstbewusst die Band ihr Ding durchzieht, wohl wissend, dass sich das Album nicht annähernd als kommerzieller Erfolg verbuchen lassen wird und einige gerade hinzugewonnene Fans vielleicht sogar wieder abschreckt. Die Antwort auf schon befürchtete „Sell-Out“-Vorwürfe gibt die Band mit einer lässigen „Fuck-You“-Geste und einer nicht für möglich gehaltenen, erneuten Erweiterung ihres kreativen Spielraums. Sie hätten es so einfach haben können…
8.0 / 10
Label: Polyvinyl / Cargo
Spieldauer: 57:51
Referenzen: Prince, Dirty Projectors, Fiery Furnaces, TV On The Radio, Chin Chin, The Olivia Tremor Control, Evangelicals
VÖ: 17.10.2008
hatte sie in der hand und dann beinahe wegen der tollen verpackung gekauft. aber dafür flasht sie mich einfach nciht genug :)
[…] steht fest, dass Of Montreal den Nachfolger zu dem immer noch herrlich überbordenden “Skeletal Lamping” schon für diesen September planen. Eine erste Single haben sie uns auch gleich serviert, so […]
[…] Seite seines Schaffens (noch) mehr betonen zu müssen und so folgten ein Konzeptalbum über Sex („Skeletal Lamping“) und ein weiteres, das u.a. eine Kooperation mit der Schwester von Beyoncé enthielt. Beide […]