Sie sind ein bisschen die unscheinbaren Underdogs der deutschsprachigen Popszene. Verkannt oder einfach nicht wahrgenommen, weil die dominierende Decke bestehend aus Tocotronic, Blumfeld, Tomte, klez.E oder Kante ihre dichte Matrix gesponnen hat. Vielleicht besteht auch gerade kein erhöhter „Bedarf“ an deutschsprachiger Materie im leftfield-Bereich, weil das alte Prinzip der Gegenbewegung greift und die prallgefüllten Charts mit Juli, Silbermond, Rosenstolz und den Emporkömmlingen der DSDS-Saga auch auf den Untergrund ausstrahlen.

Spätestens aber seit ihrer letzten Platte „Saurus“ hätte man nach allen Regeln der Hörvernunft den Sympathisanten aus Köln den Durchbruch wenigstens auf kleinem Niveau zugetraut, nein, sogar erwartet. Während das Zweitprojekt Karpatenhund mit der MTV-Frontdame Claire erfolgreich Charme und Qualität trotzt, waren Locas In Love immer da, wenn man sie brauchte. Mit klugen kleinen Songs, die so beschützenswert und nah erschienen, mit charmant ungelenk intonierten Kleinoden, die Lebenskommentare waren, wie sie nur selten in dieser Unprätentiösität erschaffen wurden. Gerade „Saurus“ (aufgenommen übrigens mit dem Stamm-Mixer von Interpol, Peter Katis) schaffte den erstaunlichen Spagat zwischen perzeptneubildender Lyrik und angemessener Unverkopftheit. Ein fantastisches Popalbum durch und durch.

Wie schwer es ihnen wohl gefallen sein muss, einen Nachfolger abzuliefern, der wenigstens den Status Quo hält? Wie schwer es wohl sein muss, ein Winteralbum mitten im Sommer einzuspielen? Abermals hat es die Kölner nach New York verschlagen, wo sie gleich von einem amerikanischen Blog entdeckt wurden (eine 20minütige Dokumentation findet sich hier). Das neue Werk ist schlicht und passend „Winter“ betitelt und erscheint am 28. November. Ein Album, das stiller, langsamer, aber auch etwas langatmiger geworden ist, als der lebensfrohe Vorgänger. Musikalisch etwas opulenter und schwelgerischer arrangiert, sind es besonders die Texte, deren Wirkmacht etwas nachgelassen hat. Dennoch hat man mit dem melancholischen „Maschine“ oder dem beschwingten „Wintersachen“ wieder klitzekleine Hits an Bord. Die Sympathiekärtchen schnellen sowieso automatisch in die Höhe, wenn Björn seine Nicht-Stimme erhebt.

Wahrheiten des Alltags zu filtern und das bewusste Wahrnehmen einzufordern – das ist weiterhin die Stütze ihrer Songs. Und daraus schöpfen sie erneut ihre Relevanz in einer Welt, die das Fühlen und Beobachten zu verlieren scheint. So ist „Winter“ eine Notwendigkeit für sie, aber auch für uns.

Link: Homepage | Tourtermine

3 Kommentare zu “Locas In Love: Die Niemandsband mit neuem Album”

  1. Andi sagt:

    ….die sind großartig.

    Bei der ‚dominierenden Decke‘ hat man noch Tomte vergessen. Ist ja auch gerade das neue Album Heureka raus. Das aber auch gut :-)

  2. Markus sagt:

    …bin mir ziemlich sicher, dass „Tomte“ da auch vor ein paar Minuten schon standen. ;)

  3. Andi sagt:

    Dann fehlt noch Kettcar :-D

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