Dem 2000 veröffentlichten, gefeierten Debüt „Some Best Friend You Turned Out To Be“ folgte 2002 der von Kritikern förmlich in den Himmel gelobte Nachfolger „Mastered By Guy At The Exchange“. Ben Jakobs, besser bekannt als Max Tundra, brauchte nicht allzu lange Zeit, um sich in Fachkreisen einen Namen zu machen. Dann jedoch wurde es ungewöhnlich still um den aus England stammenden Herren, ganze sechs Jahre sollten vergehen, bis endlich das lang ersehnte dritte Studio-Album in den Läden steht.

Allein die ersten drei Stücke auf „Parallax Error Beheads You“ lassen den Hörer dann aber sofort erstaunen, die hier so grandios geglückte Gratwanderung zwischen Komplexität und geradezu simplen Pop-Refrains gibt eine selbstbewusste Antwort auf die Frage, wozu die gesamte Zeit genutzt wurde. Ein Sammelsurium an Sounds und Strömungen der letzten Jahrzehnte Musikgeschichte prägt den Start in den neuesten Streich, will hier zu keiner Zeit irgendeiner Willkür gleichen, sondern lässt die Songs durchdacht und von ruhiger Hand geführt zu einem großen Leuchten erstrahlen. Das gilt für den noch etwas gezügelt klingenden Opener „Gum Chimes“, ist aber noch deutlicher an den beiden Killer-Tracks des Albums, der wahnwitzigen Single „Will Get Fooled Again“, die mit wilden Beats, verspielter Rhythmik und jeder Menge Verspultheit trotzdem extrem tanzbar ist, und dem darauffolgenden, vor Enthusiasmus nur so sprühenden „Which Song“ festzumachen, der sich sogar die Frechheit rausnimmt, klare Parallelen zu Michael Jackson aufzuzeigen. Hier existieren keine Grenzen.

Nun besteht eine LP aber in den seltensten Fällen aus drei Songs und genau das wird dieser Platte wenig später leicht zum Verhängnis. Sicherlich, auch die darauffolgenden sieben Songs sind an Abwechslungsreichtum nicht zu überbieten: So schlängelt sich „Orphaned“ in Justice-Manier durch die modernen Spielarten des French House, während das darauffolgende „Nord Lead Three“ auch in Zusammenarbeit mit Aphex Twin hätte entstanden sein können. Der springende Punkt aber ist, dass die Platte – den Closer mal ausgeschlossen – nach hinten raus etwas an Fahrt und Genialität verliert, anders wären wirklich überflüssige, eher nervtötende Songs wie „The Entertainment“ nicht zu erklären. Das anfangs so toll funktionierende Spiel mit den verschiedensten Stilrichtungen geht an dieser Stelle nicht auf, die Vielschichtigkeit wirkt leicht erzwungen, vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen. Wie sehr der Soundtüftler dieses Spiel eigentlich beherrscht, zeigt dann eindrucksvoll das Schlussstück des Albums. „Until We Die“ schafft es in seinen ziemlich genau elf Minuten Spielzeit, den Hörer nicht nur zu unterhalten, sondern darüber hinaus vollends zu begeistern. Hier geht es zwar ähnlich konfus zu, jedoch dient es dem großen Ganzen: dem Song.

Max Tundra hat auch mit seinem dritten Werk ein höchst ambitioniertes, an Kreativität kaum zu übertreffendes Album geschaffen, das eine Vielzahl an „Über-Songs“ enthält, die sich ab sofort in den Plattenkisten eines jeden Musikliebhabers wiederfinden sollten. Leider lässt die zweite Hälfte des Albums eine gewisse Homogenität vermissen, die vonnöten gewesen wäre, das auch so sicherlich beeindruckende „Parallalax Error Beheads You“ zu einem absoluten Meisterwerk emporsteigen zu lassen. So wird man das Gefühl einfach nicht los, dass reichlich Potential verschenkt wurde. Hätte er sich mal ein wenig mehr Zeit gelassen…

7.3 / 10

Label: Domino / Indigo

Spieldauer: 41:54

Referenzen: Hot Chip, The Avalanches, The Books, Daft Punk, Justice, Of Montreal

Links: Homepage; MySpace

VÖ: 17.10.2008

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