Mr. Self Destruct

This is my last song about myself” lauten die ersten Worte des Debüt-Albums eines 24-jährigen Afro-Amerikaners, der in seinen jungen Jahren bereits eine turbulente Achterbahnfahrt ohne Anschnallgurt durch die Höhen und Tiefen des Lebens hinter sich hat. Eine zerschossene Familie, Drogenexzesse, Nächte ohne feste Unterkunft und die unerschütterliche Liebe zur Musik als steter Lebensfunke. Und dann dieses Album, das aus dem Nichts kam, an Persönlichkeit kaum zu überbieten, voller Songs über nichts anderes als ihn selbst, die dem Hörer den Dreck aus dem Leben eines Stehaufmännchens mitten in die Augen schmieren. Meet Mr. Robinson.

Gleich zu Beginn lädt er zum Rodeo. Johnny Cash und Jeff Mangum hat er schon in den Boden geritten. Der junge Dylan sitzt abseits auf ein paar aufgeschichteten Holzbalken und widmet sich lieber seiner Harmonika. Dazu die Klänge von “Buriedfed“, das gleich zu Beginn des Albums die Linie vorgibt. Irgendwie tanzbar, treibend, hymnisch und doch voller Resignation. Miles Benjamin Anthony Robinson wirbelt mit seinem Debüt nicht nur den Staub seiner Vergangenheit als moderner Bohème auf, sondern schafft es wie lange kein anderer Songwriter mehr, durch die unerschöpfliche Authentizität seiner Songs ein hohes Maß an Empathie hervorzulocken. „Oh man, i’m tired of being polite“

„Not sure, if i wanna stay alive, it’s so expensive, so cheap to die” singt er in “The Debtor”. Die Narben sind stets sichtbar, wenn der junge M-Bar mit einer Stimme aus Müdigkeit, Wut und Trunkenheit von seinem Leben erzählt, eine markante Schlitzohrigkeit jedoch als geheime Zutat seiner Songs immer mit durchschimmern lässt. Das erdige „Woodfriend“, ein kratziger Bastard aus Lo-Fi-Gitarren, Folk und Blues schubst den Hörer endgültig in die kaputte Welt des Jungen aus Brooklyn. Es holpert, rumpelt, verteilt kumpelhafte Schubser und atmet den Schmerz der Aufarbeitung. Und nicht ohne Grund bildet “The ongoing debate re: Present vs. Future“ als verschrobene Ballade die goldene Mitte des Albums, in dem sich die Qual Robinsons Selbsttherapie beinahe greifen lässt.

Diese vertonte Lebenskrise des jungen Songwriters, der bereits mitten in den Aufnahmen zu seinem zweiten Album steckt , übermannt den Hörer mit soviel Ehrlichkeit, Transparenz, Ecken und Kanten, die nach den letzten Tönen des ruhigen “Boneindian“ noch lange mitschwingt. Mit seinem von Kyp Malone (TV On The Radio) produzierten Debüt hat Miles Benjamin Anthony Robinson allerdings einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Sonne getätigt. „Face in the dirt/ass in the sky“.

8.7 / 10

Label: Say Hey Records

Referenzen: Bob Dylan, Johnny Cash, Neutral Milk Hotel, Woody Guthrie, Neil Young

Länge: 43:51

Links: MySpace, Say Hey Records

Vö: 01.07.2008

5 Kommentare zu “Review: Miles Benjamin Anthony Robinson – Miles Benjamin Anthony Robinson (2008)”

  1. Pascal sagt:

    Überragende Platte mit vielen großen Momenten und jeder Menge Gefühl und Wut, dringend zu empfehlen!!

  2. Bastian sagt:

    Ja Ja! hat ein bisschen gebraucht bei mir aber: Großes Album. Die Rezension hätte ich selber gerne geschrieben, aber so kann ich das natürlich hunderprozentig unterschreiben…

  3. Thomas sagt:

    Tolles Album, aber er singt „Oh man, i’m tired of being polite.“

    Black hab ich anfangs auch immer gedacht, aber hör mal richtig.

  4. florian sagt:

    bitter. aber kann passieren, wenn man auch nirgends die lyrics findet. bitte ändern, pasi ;) black würde aber auch in den kontext passen.

  5. Pascal sagt:

    @florian: Hab auch immer „black“ verstanden, hätte ja auch Sinn gemacht. Ist jetzt geändert.

    @Thomas: Danke für den Hinweis, kannst Dich gern jederzeit wieder melden;)

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