10 Crimes

Beginnen wir ganz unverblümt. Wer wünschte sich denn nicht spätestens seit Damien Rices “9“ ein Soloalbum seiner bezaubernden Gesangspartnerin, die viele seiner Songs erst zu dem wachsen ließen, was sie heute sind: Ein modernes Songwritermanifest. Lisa Hannigan wagt sich endlich aus dem Schatten ihres großen Mentors und veröffentlicht mit “Sea Sew“ ein schüchternes, beinahe hinterlistiges Album wunderschöner, verhaltener Songs, die sich niemals aufdrängen und gerade deswegen nicht mehr loslassen.

Es sind die kleinen Details, die sich erst spät erschließen und natürlich Lisa Hannigans samtweiche Stimme, die dieser Platte ihre Magie verleihen. Die Melodiebögen, die Celli, Violas, Violinen und der tänzelnde Kontrabass im Opener “Ocean and a Rock“ , das zarte Hauchen ihrer Stimme in “Venn Diagram“, oder die Art, wie sie im Refrain von “I don’t know“ die Töne hält.

Jazzbesen streichen mal zart über die Tierfelle, kreieren mal kraftvolle Rhytmen. Das Streicherensemble umgarnt Hannigans Stimme, die stets im Mittelpunkt steht und ob ihrer Vielfalt dem Hörer durchgehend den Kopf verdreht, um ihm dann liebevoll die Hand auf die Schulter zu legen. „Let’s get lost, me and you. An ocean and a rock are nothing to me“.

Zerbrechlich und hilflos wirkend erweckt sie erst im verhaltenen “Pistachio” den Beschützerinstinkt, lässt dann aber im großartigen “Teeth” ihre Stimme zu Selbstsicherheit und Standfesitgkeit anschwillen. Auch die zu Beginn gewöhnungsbedürftigen synthetischen Drums vom schwungvollen “Keept it all“ verfehlen schließlich ihre Funktion, zur Bewegung zu animieren, nicht. Die zehn Songs, mal verjazzt, mal voller Soul, mal mit Hang zur kleinen Dramatik, aber Hannigans Organ immer auf den Maß geschneidert, begehen kleine Verbrechen am Hörer, schleichen sich langsam und ganz unbemerkt direkt ins Herz.

Dass “Sea Sew“ die einzigartige emotionale Tiefe und Verletztheit eines Damien Rice, die er bereits auf seinem Zweitwerk ein wenig vermissen ließ, allerdings nicht ganz erreicht, konnte niemand von der 27-jährigen Irin erwarten. Vielmehr übernimmt sie die Rolle einer beseelten Norah Jones für Rotweinfreunde, oder alle anderen, die einfach mal wieder nur von einer Stimme verzaubert werden möchten.

8.0 / 10

Label: self-released

Spieldauer: 40:14

Referenzen: The Cake Sale, The Swell Season, Damien Rice, Cat Power, Bat for Lashes, Norah Jones

Links: Homepage, MySpace

Vö:12.09.2008

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