Der aus Calgary, Alberta stammende Chad vanGaalen ist ein ganz besonderer Typus eines recht weitläufigen Genres, das zusammengefasst unter dem Oberbegriff „Singer Songwriter“ seine Zugehörigkeit findet. Er ist ein Querdenker, ein „Anders-Tickender“, der es im Gegensatz zu vielen seiner Musikerkollegen schafft, höchst experimentelle, vertrackte Sounds mit radikal offengelegten Gefühlen zu vereinen, die in dieser Intensität häufig ausschließlich von traurig blickenden, bärtigen Männern – nur mit der Akustikgitarre ausgerüstet ängstlich vor dem Publikum hockend – geboten  wurden. Chad vanGaalen meistert den so ungemein schwierigen Spagat zwischen eben diesen beiden ganz unterschiedlichen Ansätzen mit Bravour. Auch die noch so futuristisch und kalt klingende Klangkulisse kann dem Zittern in der Stimme seine Traurigkeit, Verzweiflung und gleichzeitige Wärme nicht entziehen, sondern kristallisiert sich als nicht mehr wegzudenkender, kongenialer Partner heraus, der den Nährboden bietet, auf dem Chads innere „Gefühlspflanzen“ gedeihen.

Für nicht wenige werden diese Gefühle nicht auf Anhieb zu erkennen sein, sie wollen vielmehr mit der Zeit erobert werden. So verwundert es nicht, wenn der Hörer anfangs eher gewillt ist, mit den Füßen zu tänzeln als den Lyrics zu lauschen. Ein auf das erste Ohr mitunter gar nicht wahrgenommenes Nach-Beben in der Stimme, wie bspw. im hinteren Teil von „Willow Tree“ zu hören, lässt erschauern, jegliche Bewegungen verharren jetzt plötzlich. Es ist die Kunst, Gefühle so gekonnt zu verstecken, dass sie einem in dem Moment der plötzlichen Entdeckung einen gehörigen Schauer über den Rücken jagen. Dabei ist „Willow Tree“ längst nicht das einzige eindrucksvolle Beispiel. Auf ähnliche Weise funktionieren auch das fast ausschließlich mit Drum-Sticks beginnende „Cries Of The Dead“, das mit Elektroelementen übersähte „Phantom Anthills“ oder das großartige „The Man & The Sea“. Häufig ist dafür nur die im Laufe des Songs um Nuancen veränderte Stimme verantwortlich. Ein zartes und doch so nachhaltiges Zittern, das so viel verändern kann.

Offensichtliche, vom ersten Ton an wahrnehmbare Trauer bietet nur „Rabit Bits Of Time“, das den Tod nicht nur textlich in den Mittelpunkt rücken lässt. „No one knows where we go / When we´re dead or when we´re dreaming“ bringt eine vor Angst erstarrte Stimme hervor, in diesem Fall von erheblich reduzierten Klängen untermalt. Fast schon schaurig wird es in den dunklen, nach tiefschwarzer Nacht klingenden „TMNT Mask“ und vor allem „Molten Light“, dessen „I find you when I kill you“ beinahe Angstzustände hinterlässt. Und während „Bare Feet On Wet Griptape“ im Refrain noch so gerade die Kurve bekommt und so nicht zum nächstbesten Gassenhauer verkommt, entladen sich alle erdenklichen Gefühle und Emotionen im Schlusspunkt „Frozen Energon“, bei dem der Titel Programm ist. Hier werden dem Hörer unzählige Stromschläge verabreicht, der Schmerz ist von nun an auch physisch spürbar, das Thema Tod ja eh omnipräsent. „Soft Airplane“ ist eine – fast tanzbare – emotionale Großtat von einem höchst eigenständigen, innovativen Künstler, der übrigens nebenbei noch die Zeit fand, das auf ganzer Linie begeisternde Debüt von Women zu produzieren. Manche Leute haben´s aber auch einfach drauf!

8.3 / 10

Label: Sub Pop / Cargo

Spieldauer: 42:08

Referenzen: Women, Thom Yorke, Band Of Horses, Radiohead, Antony & The Johnsons

Links: MySpace, Sub Pop

VÖ: 12.09.2008

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