Mit ihrem Debüt-Album bieten The War On Drugs aus Pennsylvania dem Hörer erfreulich viel Facettenreichtum und haben eine höchst interessante Mischung kreiert, die viele vermeintliche Gegensätze vereint und dabei einerseits traditionell und doch gleichzeitig futuristisch klingt. In etwa so müsste es sich anhören, wenn Bob Dylan mit Brian Eno eine Scheibe aufnimmt. Oder Faust Creedence Clearwater Revival remixen. Achja, nebenbei liefern sie den Spediteuren von heute noch schnell den idealen Soundtrack für zukünftig anstehende Touren. Denn „Wagonwheel Blues“ ist definitiv ein Album für die Straße.

The War On Drugs brauchen keine lange Aufwärmphase, direkt zu Beginn werden einem hier die ganz großen Hits um die Ohren geworfen. „Arms Like Boulders“ beginnt gut gelaunt und catchy, während Adam Granduciel, Sänger, Multiinstrumentalist und gleichzeitiger Kopf der Band, zu Pop-, Rock- und Country-Klängen über Gott, Existenz und Schicksal philosophiert: „And your god is only a catapult waiting for the right time to let you go / To let you into the unknown /Just to watch you hold your breath / And surrender your fortress / Well, your thoughts will tumble like rocks do / Over the valleys of factory oceans… And you´re the kind to hide your eyes from the sun and in your world only strong survive / But I won’t lay my body down.” So schnell lassen wir uns eben nicht unterkriegen. Als ob das nicht schon für einen tollen unterhaltsamen Einstieg gereicht hätte, legen sie mit “Taking The Farm” den absoluten Über-Hit direkt nach. Das ist der Song, an dem sich die Band von jetzt an wird messen lassen müssen. Eine unheimlich gewiefte Melodie aktiviert sowohl die Beine als auch die Mundwinkel, die ein leichtes Grinsen nicht zurückhalten, bevor sie sich im darauffolgenden „Woohooho“ glücklich entladen können. Da so ein Zustand sicher nicht von Dauer sein kann, wird dem Hörer mit „Coast Reprise“ dann erstmal ein beruhigendes, atmosphärisches Instrumentalstück zugespielt, das dankend entgegengenommen wird.

Die Songs werden nicht wahllos auf der Platte untergebracht, sondern sind in intelligenter Weise gegliedert. Bei genauem Betrachten lässt sich eine Dreiteilung erkennen, bei der die zwei Instrumentals die Trennwände der einzelnen Blöcke darstellen. So wird dem Hörer sowohl mit dem eben erwähnten „Coast Reprise“ als auch mit dem später folgenden „Reverse The Charges“ immer wieder Gelegenheit gegeben, kurzzeitig in diversen Träumen zu versinken und gleichzeitig die Vorfreude auf den nächsten Hit steigen zu lassen. Denn der kommt bestimmt. Als bestes Beispiel könnte an dieser Stelle das überaus tolle „Buenos Aires Beach“ dienen, das genau wie „Arms Like Boulders“ auch auf ihrer ersten EP, „Barrel Of Batteries“, enthalten ist, die übrigens hier kostenlos als Download zur Verfügung steht. Auch hier ist wieder die Diversität zu erkennen, die diese Band so spannend macht. Während die Instrumente ausgelassen und beschwingt ihren Weg gehen, verkündet Adam Granduciel fast schon resignierend: „Well this winter came to pass so much slower than the last / And now there’s nothing left to grasp in our hands and nothing left to catch / So let’s speak of the past in the future perfect tense / Of places we will go / Before we grow old.”

Wenig später folgt mit „A Needle In Your Eye #16“ ein weiterer Single-Kandidat, bevor „Reverse The Charges“ den dritten Teil der LP einläutet. Kurz vor Ende der Platte dann der 10-minütige Song „Show Me The Coast“, der sich in aller Seelenruhe die Zeit nimmt, in Shoegaze-Manier minutenlang sphärisch auszuklingen – vorbeiziehende Landschaften, Langsamkeit, nicht unbedingt das, was der heutigen „Coffee-to-go“-Generation entspricht. Als würde die Band just diesen Gedanken aufgreifen, wird das Stück abrupt mit einem aufschreckenden „Wooh“ beendet. Der Weg ist nun frei für den Schlusspunkt des Albums: „Barrel Of Batteries“ kommt zwar gut gelaunt daher, hinterlässt dennoch ein Gefühl leichter Skepsis. Musikalisch recht reduziert vorgetragen, ist der Song vor allem von Adam Granduciels leicht misstrauischer Stimme geprägt, die wieder mal einen eindrucksvollen Kontrast zur Instrumentierung darstellt. Vielleicht wollte er uns auch nur warnen. Aber wovor nur?

8.0 / 10

Label: Secretly Canadian / Cargo

Spieldauer: 43:08

Referenzen: Creedence Clearwater Revival, Bob Dylan, Faust, Can, Brian Eno, The Dutchess And The Duke, Moondoggies

Links: Homepage, Secretly Canadian, MySpace

: 11.07.2008 (Deutschland)

Ein Kommentar zu “Review: The War On Drugs – Wagonwheel Blues (2008)”

  1. […] die Flucht nach vorn und versuchen sich ganz keck direkt als Mainact. Ihr letztjähriger Longplayer “Wagonwheel Blues” überzeugte nicht nur unsere Redaktion, sondern heimste nahezu überall erstaunlich viel Lob ein. […]

Einen Kommentar hinterlassen

Platten kaufen Links Impressum