Review: High Places – 03/07 – 09/07 (2008)
Wilde Experimente in fremden Sphären
Eine leise beginnende, vor sich hin wabernde, blubbernde, ziemlich verwaschene Soundcollage ertönt, gewinnt deutlich an Lautstärke und macht den Weg frei für die unwiderstehlichen Drums Robert Barbers, die umgehend in Mary Pearsons wahrhaft schöner Stimme Unterstützung finden. Von Anfang an ist klar, dass High Places Musik in ihrer völlig eigenen Welt erzeugen. Hier ist alles anders. Umgeben von irren Rhythmen, zig übereinander liegenden Soundebenen und südländischem Soundflair dauert es keine Minute und der Hörer ist eingetaucht in die virtuelle Welt der extrem außergewöhnlichen Brooklyner Musiker. Das erste Album der High Places ist, wie der Name „03/07 – 09/07“ schon vermuten lässt, mehr eine Kollektion von Singles aus dem letzten Jahre, um einzelne ausgesuchte Raritäten erweitert, denn wirkliches Debut-Album, kann aber durchaus selbstbewusst von sich behaupten, als eigenständiges Werk gesehen zu werden.
Dabei lässt der musikalische Background beider Protagonisten nicht unbedingt darauf schließen, dass sie eines Tages gemeinsam in einer Band spielen würden. Denn während Mary Pearson Fagott studierte, verbrachte Robert Barber seine Zeit damit, sich mehr dem Hardcore und Punk hinzugeben. Aber von all dem ist hier herzlich wenig zu hören. Vielmehr ist es die wundervolle Eigenschaft der Band, viele einzelne Sounds übereinanderzulegen, mit sehr präsenten Drums zu versehen, um so die optimale Oberfläche zu bieten, auf der sich die Stimme Mary Pearson ausgiebig entfalten kann. High Places schaffen eine musikalische Atmosphäre spacigen Ausmaßes, die den Hörer immer wieder in eine Traumwelt zu ziehen versucht. Hin und wieder erwischt man sich dann dabei, wie man wild mit den Armen durch die Luft wedelnd, die Sonne stets vor Augen, verwirrt durch die warmen Straßen der friedlichen Stadt zieht. Im Hintergrund zwitschern die Vögel. Das Meer kann auch nicht weit sein. Es ist die Ideenvielfalt, die Kreativität, die hier den Unterschied macht.
So könnte „Banana Slugs – Cosmonaut“ am Anfang noch als Gute-Nacht-Lied für zweijährige Kinder funktionieren, bevor die Melodie abbricht und sanft in die nächste übergeleitet wird. Ohne es richtig zu merken, befindet sich der Hörer auch schon wieder inmitten vieler wilder Ideen, die gleichzeitig auf einen einprasseln. Aber dem noch immer nicht genug, wird nochmals alles auf den Kopf gestellt und der Song leise auf die Reise geschickt. „Shared Islands“ kann dann wohl von sich behaupten, sowas wie das zentrale Stück dieser Kollektion zu sein. Karibische Klänge treffen turbulente Drums, ein Glockenspiel tanzt nebenbei zur märchenhaften Stimme. „It´s ok, it´s alright.“ Das darauffolgende „Universe“ ist sicher nicht auf der Erde, sondern irgendwo verloren in den weiten Sphären des Alls entstanden, während sich die Hintergrundgeräusche langsam aber sicher selbst verlieren. Auch klar bei so einer Zusammenstellung ist aber natürlich, dass nicht jeder Song die Qualität einer Single wie „Head Spins“ aufbringen kann. So wird gegen Ende der Platte ein klein wenig unaufgeregter zu Werke gegangen, die Songs verlieren ein wenig an Genialität, erreichen somit nicht mehr die Komplexität der vorderen Stücke. Was einer noch so jungen Band sicherlich nicht anzukreiden ist, denn High Places haben definitiv ihr Feld in der Musikwelt abgesteckt und zudem schon im September die Chance, sich mit der regulären Debut-LP weiter zu behaupten. Bis dahin stehen erstmal noch einige Touren, u.a. auch durch Europa, an. Dabei dürfen sich sowohl die Liars und Deerhunter als auch No Age auf einen sehr gelungenen, aufregenden Opener freuen. Insbesondere live besitzen High Places die erstaunliche Gabe, trotz noch recht junger Bandgeschichte die Zuschauer von Beginn an in ihren Bann zu ziehen und diese an ihrer liebevollen, verträumten Phantasiewelt teilhaben zu lassen. Auch dann, wenn Frau Pearson hin und wieder mal in „velvet-undergroundscher“ Manier dem Publikum den Rücken zuwendet.
Die Experimentierfreude geht diesen beiden jungen Menschen zu keiner Zeit verloren. Die wilde Entschlossenheit, neue Wege zu gehen und den Ideen freien Lauf zu lassen, sie an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit zu bündeln, ist eine große Stärke der beiden Musiker. Sie haben das Ziel immer vor Augen. Im Endeffekt steht trotz aller Spielfreude das Gesamtwerk im Vordergrund. Erstaunlich und erfreulich ist auch die Entwicklung der Band, die sich innerhalb ihres zwei-jährigen Bestehens ununterbrochen gesteigert hat und dabei dauerhaft den Grad der Komplexität in ihren Songs erhöhte. Zusätzlich wurde weiter an der Abstimmung beider Parteien gefeilt. Ein erstes Statement ist abgegeben. Mal sehen, was da noch auf uns zukommen mag. Im September wissen wir mehr.
7.7 / 10
Spieldauer: 29:14
Label: Thrill Jockey / Rough Trade
Referenzen: Atlas Sound, Beach House, Panda Bear, Deerhunter, Liars, No Age
V.Ö.: 06.06.2008