Nachdem Daniel Romano nach seinem Ausstieg bei Attack In Black und Gastspiel bei Daniel, Fred(erick Squire) & Julie (Doiron) im Alleingang nahezu alle Spielarten kontemporärer alternativer Countrymusik ausgelotet hat, überrascht er mit gleich zwei unvorangekündigt am 4. Januar veröffentlichten Alben. Auf der einen Seite fein austarierter Power-Pop, der 60er-infiziert nur noch einen Hauch von Country in sich trägt, während das andere sich zurückgenommen und folkig ganz in die Nähe seines Tränenziehers „Come Cry With Me“ begibt.

„Nerveless“ ist das interessantere der beiden Werke. Nicht etwa, weil ihm Romano seine Kerngenres komplett ausgetrieben hätte, es sind schlichtweg die Songs, die dem Kanadier hervorragend gelungen sind und sich dann doch von seinem bisher eingeschlagenen Weg deutlich unterscheiden. „Good Will“ ist eine sympathisch jangelnde Popnummer altmodischer Prägung, die ohne Schnickschnack und mit viel Herzblut sehr Beatles-artig daherkommt. „Bored Enough To Love“ sprüht vor spielerischer Energie und die Pianoballade „Maybe Tonight“ könnte ohne Schwierigkeiten auch eine romantische Liebeskomödie in Technicolor beschallen.

Auf der anderen Seite steht „Human Touch“, dessen Folkbezug schon in den Titeln zum Ausdruck kommt. „Bring Me To The War“, „Wabash Wreckingball“ oder „The Summer Black River“ künden von gern verwendeten Themen, evozieren Natürliches und Historisches oder in „Turtle Doves“ auch mal die ganz große Liebe. Selbst tonal gelingt ein Stimmungswechsel, Romano geht deutlich nasaler zu Werke und die Instrumentierung ist deutlich zurückgenommen. „Blue Champagne“ ist dabei schon fast auf den Spuren einstiger Country-Traditionalisten und das traurige „Wabash Wreckingball“ erinnert an die frühen Roots- und Americana-Visionen von The Felice Brothers.

Geht „Human Touch“ gerade in der zweiten Hälfte ob des gedrosselten Tempos so ein wenig die Luft aus, überrascht „Nerveless“ mit erheblich größerer Bandbreite. „Vacancy“ erinnert wahlweise an Elvis Costello oder Dean Martin, während „Digital Tears“ eine gute alte Analogzeit herbeisehnt und dabei auch tief in der musikalischen Historienkiste wühlt. Romano gelingt es auf „Nerveless“ generell deutlicher, den Spannungsbogen herauszuarbeiten. Auf „Human Touch“ versiegt Vieles in der andächtigen Vision eines beschaulichen Amerikas, in dessen Betrachtung er sich ein wenig zu sehr versinken lässt.

Beide Alben lassen wenige Schwächen zu, sieht man einmal von der zunehmenden Gleichförmigkeit auf „Human Touch“ ab, das aber gerade noch die Kurve kriegt und vor allem mit dem abschließenden „The Summer Black River“ und seiner schwülen, schwelenden Atmosphäre trotz der Langsamkeit ein spätes Glanzlicht setzt. Festzustellen ist jedoch, dass Romano so ein wenig seine Country-Komfortzone verlassen sollte und wie auf „Nerveless“ neue Wege gehen darf. Wenn dann dabei so kleine Kostbarkeiten wie das hymnische „I Never Tried To Understand“ mit seinem hübschen 70er-Jahre-Chorus entstehen, darf es gerne auch zu einem Arbeitspensum kommen, mit dem zuletzt nur King Gizzard & The Lizard Wizard aufwarten konnten.

Nerveless:

Human Touch:

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