Eine Dreiviertelstunde mit Ibibio Sound Machine ist ein wilder Ritt. The Guardian nannte ihr selbstbetiteltes Debütalbum von 2014 ein „adventurous update for afrobeat and higlife“ und genau das ist diese Musik auch: Abenteuer, Afrobeat, Update und Highlife. Mit „Uyai“ legt die achtköpfige Formation aus London die Fortsetzung ihres Musik gewordenen Kulturenclashs vor. Dabei ist sicher: Einen Gang runter schaltet sie nicht.

Die Band um Sängerin Eno Williams holt Sounds aus längst vergangenen Zeiten ins Hier und Jetzt, dreht sie durch die moderne Produktionsmaschine und präsentiert das Ergebnis in knallig bunten Farben. Westafrika trifft auf London, Elektro verschmilzt mit Funk, Disco mit Postpunk. „Joy Idaresit“ zum Beispiel mischt trashige 80er-Synthies mit besagtem Postpunksound und Williams‘ Soulstimme zu einem einem überraschend stimmigen Genrepotpourri. Bei „Power Of 3“ kehren die Funkeinflüsse mit groovender Basslinie und Cowbells aus den 60ern zurück.

Eines ist „Uyai“ gewiss nicht: Musik zum Zurücklehnen und Entspannen. Die treibenden Beats, vor allem aber die ständigen Rhythmuswechsel lassen wenig Zeit zum Verschnaufen. „The Chant Iquo Isang“ erinnert an Hercules And Love Affair zur Zeit von Aerea Negrot und Shaun J. Wright und wer „My House“ kennt, weiß, dass dieser Vergleich ein großes Kompliment ist. Nur „Quiet“ lässt kurz Ruhe einkehren und zeigt eine zurückhaltend düstere und fast schon pastorale Seite von Ibibio Sound Machine. Hier ist also die „dunklere, nervöse Energie“ versteckt, die die Band ihrem zweiten Album selbst bescheinigt.

Nicht zuletzt haben die bilderhaften Songexte aus Williams‘ Feder einen großen Wiedererkennungswert, denn sie sind in Ibibio verfasst, einer Sprache aus Nigeria. „Uyai“ bedeutet auf Ibibio „Schönheit“, denn „in den Songs geht es um Kraft, Freiheit und die Befreiung der Frau im Tanz, um die Befreiung der Menschen allgemein.“ Zur guten Laune durch Musik und Bilder kommt also noch eine ordentliche Portion Feminismus und Empowerment.

Absolutes Highlight ist und bleibt „The Pot Is On Fire“, die erste Singleauskopplung aus „Uyai“. Funk ist hier großgeschrieben, zwischen Cowbells, schnalzendem Bass und genretypischen Synthesizersounds tanzt sich der Song wunderschön lässig und minimalistisch in die Herzen. Ibibio Sound Machine haben von „Later… With Jools Holland“ über Glastonbury und Roskilde bis zum Globe Theatre zwar schon alle Bühnen bespielt, aber mit „Uyai“ geht ihre Party in eine neue, energiegeladene Verlängerung.

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