SwansThe Glowing Man

Wer in den letzten Jahren regelmäßig auf Konzerten von Swans zugegen war, konnte eigentlich nicht besonders überrascht sein, als Michael Gira zeitgleich mit „The Glowing Man“ auch das vorläufige Ende der Band ankündigte. Im Ablauf hatte sich eine gewisse Routine eingestellt, die daraus bestand, die Bühne gleichsam als Testfeld für den nächsten Gang ins Studio zu benutzen. Die Unterschiede im Detail waren zwar immer noch riesig, doch man merkte, dass selbst Giras vertonte Visionen vom Abgrund endlich sind.

Ein klarer Schnitt also, der schon im Ansatz verhindert, dass sich diese letzte Reinkarnation der Band jemals selbst kopieren oder überflüssig werden wird. Hinter „The Glowing Man“ steckt in diesem Sinn deutlich mehr Kopfarbeit als in den wie im Rausch heruntergespielten Vorgängern. Ganz so, als solle deren leidenschaftlich dunkler Geist beibehalten und gleichzeitig weiterentwickelt, ja geradezu auf eine noch höhere Ebene gehoben werden. Dass dieses Unterfangen fast unmöglich ist, versteht sich im Angesicht von „The Seer“ und „To Be Kind“ fast von allein. Die Grenzen des Wahnsinns waren hier schon erreicht, gerade musikalisch in diesem Stil kaum noch eine Steigerung möglich.

„The Glowing Man“ entwickelt seinen eigenen Weg, mit diesem erdrückenden Erbe umzugehen. Erstens geht es tatsächlich noch mehr ins Extreme, nicht nur was die Länge der Songs angeht. „Cloud Of Unknowing“, weit über der Zwanzig-Minuten-Marke, mäandert fast komplett ohne die typischen Ausbrüche vor sich hin und selbst Giras fatalistischer Gesang gerät in den Hintergrund. Unangenehm und quälend zieht sich das Ganze in die Länge, doch genau dieses Spiel mit den (falschen) Erwartungen ist es, welches das Album zu einem Teil ausmacht und das die Band hier zum ersten Mal zelebriert. Vor allem in der ersten Hälfte sind Rückgriffe auf den Stil, den die Band Anfang und Mitte der 90er-Jahre pflegte, nicht zu überhören. Das aufgelockerte „People Like Us“ passt mit seinem Gothic-Einschlag prima in diese Periode.

Der zweite Albumteil wiederum lehnt sich deutlicher an die letzten Jahre an. „Frankie M“ ist hier so etwas wie der prototypische Swans-Song der Neuzeit: sanfter Aufbau, überwältigender Ausbruch, viele Tempowechsel und ein gewaltiges Riff am Ende. Auch der Titeltrack bewegt sich anfangs in dieser Kategorie, entwickelt aber begleitet von Giras fuchtelndem Gesang recht schnell einen unglaublich mitreißenden und angriffslustigen Groove, wie man ihn bisher von der Band höchstens live erlebt hat. Langsam verglüht dieser Monolith von Song, schließt das Kapitel Swans und macht den etwas schwächelnden Abschluss „Finally, Peace“ fast überflüssig.

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