Vielleicht die signifikanteste Nachricht voran: „Nonagon Infinity“ soll das einzige Album sein, das King Gizzard & The Lizard Wizard in diesem Jahr veröffentlichen – und dabei ist es gerade erst Ende April. Das ist für die Melbourner geradezu historisch, denn seit ihrem Debüt 2012 sind nie mehr als sechs Monate ohne einen neuen Longplayer vergangen.

Geschuldet dürfte diese Pause der zunehmenden Livepopularität der Psych-Rocker sein, die sie seit Anfang letzten Jahres schon mehrfach um die Welt geführt hat und zumindest bis jetzt ihrer Schaffenswut nicht im Weg zu stehen schien. Eine größere Änderung als diese einstweilige Verzögerung ist aber schwer vorstellbar, denn wie nur wenige andere Bands tobt sich das Septett in einem Maß formal, stilistisch und thematisch am Format des Musikalbums aus, dass beispielsweise der Gedanke an ein Best-Of schon absurd erscheint. Im Kern bleibt ihre Musik zwar ähnlich, aber wie soll ein Stück ihres Western-Hörspiels „Eyes Like The Sky“ neben einem von „Quarters“ stehen, das aus vier Songs mit einer Spiellänge von jeweils exakt 10 Minuten und 10 Sekunden bestand?

Gewissermaßen will „Nonagon Infinity“ noch mehr als alle anderen ihrer Werke so als durchgängige Hörerfahrung für sich genommen werden. Das achte Album kommt dabei einer Wiederholung des vierten, „I’m In Your Mind Fuzz“ von Anfang 2014, mit Hochtempo-Garagerock sowohl im Stil nahe als auch strukturell, indem jeder Song Pink-Floyd-ähnlich nahtlos in den nächsten übergeht. Wie der Titel schon vermuten lässt, gibt es davon neun an der Zahl und „Robot Stop“ eröffnet das Album dermaßen in medias res, dass sich alsbald auch ein Cross-Fade vom Finale in diesen ersten Song ergiebig zeigt. Wenn King Gizzard & The Lizard Wizard eine Gimmick-Band sind, so benötigen ihre Gimmicks immerhin keine Gebrauchsanleitung.

Zumindest in digitalen Versionen besitzt das Album also keine lineare, sondern eine ringförmige Struktur ohne Anfang und Ende. Die einzelnen Songs sind für sich genommen durchaus distinktiv und in sich schlüssig, vor allem die langsameren – „Invisible Free“ gibt ein Space-Jazz-Zwischenspiel, „Mr Beat“ schwingt mit einer auf diesem Album ungewöhnlich süßlich herausstehenden Melodie etwas zu ausgiebig -, aber auch der fast schon krautige Dauersprint des Albums bleibt auf Dauer unterhaltsam animiert. Sequenzen aus rhythmisch fokussierter Repetition wechseln sich ab mit melodischen Wendungen, Breakdowns zum Anlaufnehmen oder mitreißenden Hochgeschwindigkeits-Fills wie in „People-Vultures“ und „Gamma Knife“s blechbläserbegleitetem Double-Time-Beat, die von einem jubilant trällernden Ausrufen seitens der Band launevoll intensiviert werden. Zu lange verlässt der Fuß nie das Gaspedal, weswegen „Road Train“ dann auch mal Hard-Rock-Gitarren über den Highway knattern lässt.

Das an verschiedenen Stellen auftauchende Leitmotiv ist diesmal kein melodisches, sondern ein mehrfach wiederholt herabgebetetes „Nonagon infinity opens the door“ legt kultisch nahe, dass man sich diesem Endlosspiel willenlos zu unterwerfen habe. Dem entspricht schließlich auch der thematische Kontrast zum Flower-Power-Vorgänger „Paper Mâché Dream Balloon„: „Nonagon Infinity“ baut sich als vage futuristisches, dystopisches Szenario auf und äußert sich klanglich in Schauder-Orgeln, fauchenden Zerreffekten, emotional kühlen bis gänzlich leeren Vocals und einer grell schalmeienden Klangverdichtung, die „People-Vultures“ oder „Evil Death Roll“ auch mal an Acid Mother’s Temple erinnern lässt. Eine thematische Tiefe unter diesem unendlich kurzweiligen Vergnügen sollte man sich nicht erhoffen – dies ist schließlich die Band, die in einem Song namens „Wah Wah“ die Worte „Wah Wah“ über einen Wah-Wah-Effekt singt.

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