Holy EsqueAt Hope's Ravine

Wenn eine Band heutzutage bereits ob ihrer ersten kleinen oder kurzen Veröffentlichungen mit berauschenden Vorschusslorbeeren nur so überschüttet wird, verläuft die Zeit bis zum ersten vollendeten Longplayer in Zeitlupe und die Erwartungshaltungen steigen. Gerade erst griffen Isolation Berlin vor allem hierzulande nach schier unendlicher Wartezeit erfolgreich nach den Sternen, nun schicken sich die schottischen Holy Esque an, nach ähnlich quälend langer Dauer ihr Debütalbum zu Gehör zu bringen.

Das Quartett wird aber, wie bereits mit seiner hervorragenden EP „Submissions“, polarisieren. Das abenteuerliche Timbre des Sängers Pat Hynes, dem manche eine deutliche Verwandtschaft zu Ellery Roberts von WU LYF attestieren, beherrscht die abgetönten Post-Punk-Stücke trotz aller instrumentalen Wucht. Emphatisch eröffnen Holy Esque „At Hope’s Ravine“ mit „Prism“, das sogleich mit Macht und Kraft gespickt ist. Flirrende Gitarren wetteifern mit dem dunklen Glanz des Schlagwerks und erinnern an die dunkelsten Momente von Editors oder Interpol, federn aber deren zeitweiliges Pathos deutlich gelungener ab. „Rose“ wiederum stürmt wie ein heiserer Nachtvogel in die Dunkelheit und das darauffolgende „Hexx“ bahnt sich seinen Weg beinahe beschwingt voran, die trockenen Drums als Geleit, die Gitarren wie ein abgetöntes Johnny-Marr-Jangle als aus der Zeit gefallenes Memento.

Man merkt der Atmosphäre der Songs ihre schottische Heimat nur allzu gut an. Holy Esque erzählen allerdings nicht von der wildromantischen Landschaft der Highlands, vielmehr nehmen sie uns mit in die regendurchzogenen Vororte Glasgows und Edinburghs, deren Charme die Tristesse des farblosen Alltags ist und deren Reiz in millionenfachen Grauschattierungen der betonverkleideten Häuserzeilen liegt. Fast scheint es, dass sich die prasselnden Regentropfen auch akustisch in den Stücken wiederfinden, doch immer wieder reißt auch ein aufbrausender Wind wie das beherzte „Silences“ mit seinen flirrenden Shoegaze-Gitarren die bedrückende, aber niemals trostlose Stimmung auf.

Ganz besonders dringlich werden Holy Esque bei den ruhigeren Stücken wie dem herausragenden, am Schluss des Albums noch mal die Essenz des Lebens aussaugenden Titelsong, bei „Strange“, dessen Stärke in der ins Unendliche fließenden Melancholie liegt, oder beim leicht schnelleren „Dollhouse“. Hier bebt Hynes‘ Stimme so herzzerreißend wie nie, einzelne Silben verlieren sich fast im stakkatohaften Tremolo und werden zu einem einzigen stillen Schrei.

Es ist ohnehin erstaunlich, wie variabel sich sein doch so unverwechselbares Gesangsorgan einsetzen lässt. Könnte man aufgrund der Andersartigkeit schnell von Ermüdungserscheinungen ausgehen, beweisen Holy Esque durch eine ebenso variantenreiche Kombination in Instrumentierung und Zusammenklang das Gegenteil. Mit dem explosiven, impulsiven „Tear“ beweisen sie zudem Hitqualitäten, doch eigentlich darf sich nahezu jeder Beitrag auf „At Hope’s Ravine“ in diese Riege einreihen.

Wenn man Erwartungen schürt, muss man damit rechnen, sie nicht erfüllen zu können. Wer aber Erwartungen gar übertrifft, dem darf man eine gloriose Zukunft prophezeien. Was das Erfüllen angeht: Hier haben Holy Esque ganz den Erwartungen entsprechend abgeliefert und das mit dem Übertreffen ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch wenn dann schlussendlich doch viel von der Stimme des Frontmanns abhängt.

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