Die Grundzutaten scheinen durchaus limitiert. Zumeist nur begleitet vom eigenen Gitarrenspiel musiziert Will Varley bereits seit zwei Alben an jeglichen Modeerscheinungen vorbei. Seine Songs wirken aus der Zeit gefallen, bedienen sich an Melodien, die sich aus britischer oder amerikanischer Folktradition speisen und spielen wahlweise zum Mitsingen, -spielen oder zum behaglichen Beisammensein auf. Doch von irgendwoher reicht dann das gewisse Etwas heran.

Sicher, über kluge Dinge singen und diese in warme Folksongs verpacken, das hat uns gerade in den vergangenen Jahren der eine oder andere traurigen Mann an der Gitarre beschert. Doch schon die ersten Takte von „As To My Soul“ rücken Varley in eine andere Art Musikerkategorie. Da ist dann zwar eine unwiderstehliche Zeile wie „Come let’s light a fire, drink a beer and sing a song“, die auch einem Frank Turner oder Rocky Votolato gut zu Gesicht steht. Es sind aber auch deutlich melancholischere Töne zu finden, die Varley näher in Richtung von Glen Hansard oder Leif Vollebek rückt.

„Another second of another day“ singt er im bittersüß schwelenden „The Man Who Fell To Earth“ und würdigt damit den unmittelbaren Moment, der seine Songs so präsent und wahrhaftig erscheinen lässt. Immer mit einer gehörigen Portion Wehmut in seiner Stimme lässt er alltägliche Dinge ins Besondere abdriften, werden einfachste Beobachtungen zu kostbaren Entdeckungsreisen. Mal ironisch, mal beinahe zynisch verwandelt er seine Gedanken zum Beispiel in mitreißende Mitmachstücke à la „Seize The Night“, dann wieder setzt er fast kontemplativ zu einer der großen Fragen des Universums an: „Is Anyone Out There?“

Fast immer lauern in den klugen Texten Anspielungen auf persönliche oder gesellschaftliche Hintergründe, die Varley zumeist in sehr deutlichen Bildern zum Besten gibt. Das wie eine langsame „Shady Grove“-Variation wirkende „Outside Over There“, das vom Wirren des Krieges erzählt, steht hier in einer Reihe mit dem folgenden „This House“, das Erinnerungen wie in einem Fotoalbum vorbeiziehen lässt und die bittere Schwere der thematisierten Vergänglichkeit in wärmenden Trost verwandelt. Varley spielt mit den Emotionen seiner Hörer, er greift sie tief in ihrer Komfortzone auf und führt sie genau so schnell durch die Schauplätze einer Realität, die nicht immer nur von hübschen bunten Bildern und wohlfeilen Gedanken geprägt ist.

„From Halycon“ trägt Will Varley mit heiserer Stimme vor, wieder mal beschwert mit bleiernen Gedanken, doch schwingt auch stets eine gewisse Aufbruchstimmung mit. Wie so viele artverwandte Musiker erschafft er dabei Symbole und Metaphern, die fast immer wichtig und weise sind, nur selten schießt er wie beim etwas zu dick aufgetragenen „Dark Days Away“ übers Ziel hinaus. Doch spätestens beim hervorragenden „The Endlessness And The Space Between“ hat er sich und sein sympathisches Gitarrenspiel wieder im Griff und sinniert über Gott und die Welt und alles, was dazwischen liegt.

Kommen wir zum Schluss noch einmal zum Anfang zurück: „We’ll be dead before we know it/ oh we don’t have very long/ As the world outside collapses and confuses right and wrong/ Light a fire… drink a beer… sing a song“ singt er im eröffnenden „As To My Soul“. Mag sein, dass Varley hier eine andere Deutung bevorzugen würde, doch scheinen diese Worte zur Zeit von einer immensen Strahlkraft, die das ohnehin feine Album noch ein Stückchen besser machen.

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