Omar Souleyman ist in der internationalen Musikszene ein Unikum. Die kurdisch-arabische Clubmusik des ehemaligen Hochzeitssängers wurde vom Label Sublime Frequencies vor rund zehn Jahren in Europa bekannter gemacht, seitdem hat sich der Syrer mit Remixen für Björk, einzigartigen Festivalauftritte beim Glastonbury, Primavera Sound und melt! und bemerkenswerten Musikvideos hervorgetan.

Die Single „Warni Warni“ mit dem dazugehörigen, siebenminütigen Video kombinierte eine fast schon Hasselhoff-eske Trashigkeit mit Folklore aus dem Nahen Osten und Einflüssen westlicher Clubmusik. Das Gesamtkonzept Omar Souleyman ist so überspitzt und doppelbödig, dass die Grenze zwischen ernst gemeinter Verneigung vor heimischer Volksmusik und ins Groteske gesteigerter Ironisierung oft nur einen überdrehten Synthiesound oder einen Blick aus Souleymans grundsätzlich ausdruckslosem Gesicht entfernt ist.

Die Songs auf seinem zweiten Album „Bahdeni Nami“ mäandern durch die Musikwelt zwischen Orient und Okzident, meist mit einer gleichbleibenden Instrumentierung im Hintergrund und auf größtmögliche Reduktion der sich überlagernden Melodien bedacht. Der Beat ist gleichbleibend, aber Rhythmus und Melodie darüber scheinen meist wie improvisiert. Für europäisch sozialisierte Ohren klingt das erst einmal abgefahren, funktioniert zum Tanzen (wofür die Musik ja gedacht ist) aber bestens. Traditionelle arabische Instrumente wie die Saz mischen sich mit charakteristischen, verfremdeten Klarinettenmelodien, Perkussion und einem mal mehr, mal weniger druckvollen, aber vor allem temporeichen Bass, der die Songs antreibt. An der Tanzbarkeit sind sicher auch die namhaften Produzenten wie Kieran Hebden (Four Tet), Modeselektor, Gilles Peterson und Legowelt nicht ganz unschuldig. Dass Souleyman diese Namen in den Credits aufweisen kann und das Album auf Modeselektors Label Monkeytown erscheint, spricht abermals für seine Stellung in der Musikwelt.

Nach der vergleichsweise ruhigen und kurzen Eröffnung „Mawal Menzal“ bewegen sich die Songlängen zwischen knapp acht und fast zehn Minuten. Bis zur Albummitte bei „Leil El Bareh“ ist das Tempo hoch und der Beat auf schnelles Tanzen angelegt, „Darb El Hawa“ fährt die Geschwindigkeit herunter und bedient sich exzessiver der Saz-Einsätze von Khaled Youssef. Das anschließende „Enssa El Aatab“ machte schon als Single die Runde und ist trotz der Modeselektor-Produktion vielleicht der originärste, weil – von der verfremdeten Klarinettenmelodie abgesehen – am wenigsten elektronische Song der Platte. Als Abschluss entfernt sich der Titeltrack mit seiner eindringlichen Houseästhetik am weitesten von Syrien und Istanbul, wo das Album entstand, und setzt hinter Souleymans unorthodoxen Umgang mit traditioneller Musik ein Ausrufezeichen. „Bahdeni Nami“ ist ein spannendes Update althergebrachter kurdisch-arabischer Musik und ein erfrischendes musikalisches Zeichen aus dem Nahen Osten.

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