Fai BabaThe Savage Dreamer

„Psychedelische Grüße aus den Bergen!“ Nicht gerade ein Spruch, der Postkarten der Schweiz ziert – eine neue Ära? Der hierzulande noch recht unbekannte Fai Baba, bürgerlich Fabian Sigmund, aus Zürich legt mit seiner Band nun in Rekordzeit bereits das vierte Album vor und muss sich an dem Ruf, der ihm vorauseilt, messen: Er gilt als Vorreiter der internationalen Blues-Avantgarde. „The Savage Dreamer“ erscheint nun auch hierzulande und ist trotz kleiner Schwächen abwechslungsreich und geschmackssicher wie das Schweizer Käseangebot.

Das eröffnende Titelstück ist feinfühliger Fondue-Dreampop: Ein Piano rührt den Track behutsam an, dann folgen cremige Synthie-Wellen und eine zarte Flöte ertönt im Hintergrund. Anschließend poltert „You Love Like An Animal“ deutlich kräftiger im Geschmack los. Echte Heumilch aus verzerrten E-Gitarren, die Stimme von Sigmund deutlich roher und auch der Abspann riecht nach Garage-Scheune. Generell wird hier nichts pasteurisiert oder homogenisiert, denn „The Savage Dreamer“ ist ein dichtes, handgemachtes Stück Rockmusik mit poppigem und auch sperrigem Anstrich. Vieles bleibt im Ohr, obwohl man die typische Single vergeblich sucht. Baba setzt zudem ganz auf Analoges (alte Moog-Synthesizer-Modelle), was ihn von dem Teil derzeitiger Psychedelic-Adaptionen unterscheidet, der digitale Zutaten nicht mehr ausschließt (so ließen etwa Temples gerade ihr Debütalbum komplett von Erol Alkan und Richard Norris alias Beyond The Wizard’s Sleeve remixen).

Wobei vieles ohnehin gar nicht so psychedelisch rüberkommt. Häufig findet man zwar ausufernde Gitarrensoli in leicht verhalltem Rahmen („Best Friend“), doch Fai Baba beherrscht genauso gut bluesige Bassgitarren-Midtempo-Nummern, die er mit satter Perkussion unterfüttert („Boogaloo“). Auch „Not That Simple“ scheint sich mit Orgel eher an den 60ern zu orientieren und weckt stimmlich sogar mal Assoziationen zu Asaf Avidan und Janis Joplin. Das gilt phasenweise auch für das geschmeidige „Salt Turns Into Sugar“, bei dem zudem noch eine Violine mitmischt. Für den mentalen Referenzkasten: Einige Songs wirken wie die lebhaftesten Stücke von Hookworms, reichen aber auch in den experimentellsten Momenten nie an die krude Form der Psychedelic-Ausflüge von MGMT heran. Auch der Bluesrock zündet nicht so extrovertiert wie etwa derjenige der Black Keys.

„The Savage Dreamer“, das in einem früheren Schuttgut-Speicher aufgenommen wurde, strotzt vor Spielfreude, die aber stets konzentriert genug bleibt und so der Versuchung entgeht, sich in enervierenden Jams zu verlieren. Trotz fast neun Minuten Spielzeit wird etwa auch „New York City“ nie langweilig, ist vielmehr eine stimmige Dosis Noise-Rock. Dennoch gibt es Momente, in denen kommt Baba nicht so ganz aus dem Quark, da dehnt sich der Song einfach zu weit aus (beispielsweise „Life Is A Bliss“). Da fliegen nicht gleich die Löcher aus dem Käse, aber das kann man bei einer Scheibe, die viel Abwechslung und innovative Ansätze bietet, recht schnell verzeihen.

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