Aphex TwinSyro

Muss man noch viel sagen zu Richard D. James alias Aphex Twin alias AFX alias Caustic Window alias … ? Der Mann hat in der Vergangenheit viel dazu beigetragen, so etwas wie der bestbekannte Mythos der elektronischen Musikszene zu werden. Er wohnte angeblich in einem alten Tresorraum, fuhr mit dem Panzerwagen durch die Gegend und gab sich in Interviews gern einsilbig. Er war zusammen mit Regisseur Chris Cunningham Ende der 90er dafür verantwortlich, dass man seine Musik nicht nur hören, sondern auch als Videocassette („Come To Daddy“, „Windowlicker“) besitzen und sehen wollte. 2001 erschien dann mit „Druqs“ sein letztes Album und 2003 – wie man damals sagte, um seinen Vertrag mit Warp zu erfüllen – „26 Mixes For Cash“.

Begleitet wurde diese Veröffentlichung von Berichten, er habe für einige dieser Remixe nicht einmal das Ausgangmaterial gehört. Klar, untätig war er auch in der Folgezeit nicht, so veröffentlichte er auf dem von ihm mitgegründetem Label Rephlex die tolle 12“-Serie „Analord“ (2005), von denen 2006 ausgewählte Stücke auch noch auf Plastik gesammelt erschienen, und im Folgenden noch diverse 12er unter ebenso diversen Alter Egos.

Und nun das: Fast wie aus dem Nichts erscheint auf Warp mit „Syro“ das erste offizielle Aphex-Twin-Album seit 13 Jahren, begleitet von einer PR-Kampagne, wie sie logischer nicht sein könnte und sich von einem realen Zeppelin bis ins Darknet erstreckt. Diese ließ auch bei uns in der Redaktion die Erwartungen und Vorfreude in die Höhe schnellen, ebenso liefen und laufen dabei die Meinungen über das musikalische Resultat weit auseinander und reichen von leichter Enttäuschung bis zu euphorischem Abfeiern. Aber seien wir ehrlich: Hat wirklich irgendwer gedacht, Richard D. James würde das Rad der elektronischen Musik neu erfinden, oder er würde sich an irgendwelchen Trends abarbeiten beziehungsweise versuchen, neue zu setzen? Er selbst gibt schließlich ganz offenherzig zu, dass es sich bei „Syro“ um eine Sammlung von Tracks handelt, die in den letzten sieben Jahren entstanden sind.

Woran sich die nächste Frage knüpft: Macht es irgend einen Unterschied, ob die Stücke nun neu oder alt sind? Auch diese Frage muss mit „Nein“ beantwortet werden, denn Aphex Twin bleibt einfach Aphex Twin. Der Mann ist schon lange seine eigene Marke und sein eigener Kosmos, sein eigenes Referenzsystem – hier verhält es sich so ähnlich wie bei seien Labelkollegen Autechre – und weil das so ist, weiß auch der geneigte Hörer (Konsument), was er bekommt: Aphex-Twin- beziehungsweise Autechre-Tracks eben, nicht mehr und nicht weniger. Nun stellt sich die letzte Frage: Wollen wir denn eigentlich was anderes? Und abermals lautet die Antwort „Nein“.

Dass wir es bei „Syro“ nicht mit einem Meilenstein zu tu haben, das verbietet sich fast schon durch das Modell Aphex Twin. Ob „Syro“ eine schlechte oder enttäuschende Platte ist, muss jeder selbst entscheiden, der Rezensent ist jedenfalls willenlos zum nächsten Plattendealer gepilgert und hat sich seine Dosis abgeholt und festgestellt, dass die Wirkung nach mehrmaligen Gebrauch nicht nachlässt, sondern eher gesteigert wird.

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