Ein in Berlin sesshaftes Trio, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, den verklärten Synthie-Pop der 80er-Jahre auf eine neue, moderne Ebene zu übertragen – das beschreibt in den Grundzügen die Band Ballet School. Auf ihrem Debüt, einer Hommage an längst vergangene Zeiten, verbinden die drei Gitarrenpop mit Synthesizern, großen Melodien und leichtem erhabenem Gesang. Willkommen zurück in den bunten und verrückten Achtzigern!

Rosie Blair, Michel Collet und Louis McGuire haben sich in einer Metropole niedergelassen, in der es nur so vor Musik wimmelt. Dennoch schaffen sie es, aus dieser musikalischen Ballung auf ihre eigene Weise herauszustechen. Sie haben sich auf ihrem Debüt eine Klangperiode vorgenommen, mit der man, wenn nicht gut umgesetzt, schnell ins Kitschige und Übertriebene abrutschen kann. Ballet School gelingt diese Gratwanderung, vielleicht weil sie sich nicht als Synthie-, sondern als Gitarrenband verstehen – eines ist jedoch gewiss: Dieser 80er-Jahre-Pop zeichnet sich durch gut eingesetzte Hooks aus, die zum Tanzen und Tagträumen einladen.

Dennoch soll der Einfluss von Synthies und Klangeffekten nicht vergessen werden, denn gerade diese sowie Blairs hell ertönende Stimme machen es möglich, dass man sich in einer anderen Dekade wiederfindet. Auch wenn der Titel des Debüts Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit charakterisiert, macht das Trio einen sehr souveränen und erwachsenen Eindruck. Nach dem ambienthaften Intro „Slow Dream“, welches sich mit verzerrter, sphärischer Gitarre, schaukelnden Sounds und Blairs melodiösem Jauchzen wie ein in Zeitlupe ablaufender Traum anhört, wird in die flottere Dreampop-Nummer „Pale Saint“ übergeblendet. Die gedoppelte, hallige Stimme Blairs, die wirklich hohe Ausmaße einnimmt, sowie eine sich wiederholende Gitarrenmelodie und preschende Drums, unterlegt mit viel Sphäre – mehr braucht das Lied nicht, um hängen zu bleiben. Ähnlich, jedoch anders arrangiert, knüpft „Ghost“ an. Nachhallende Anschläge der Gitarre und des Beats, dazu schnellere Drums und wieder der hoch hinauswollende Sopran Blairs lassen diese Nummer sehr opulent wirken, ohne dabei aber zu pathetisch zu sein.

„The Dew Lasts An Hour“ weist einen blassen, aber präsenten Geist der Achtziger auf, der über dem kompletten Album schwebt und typisch aktuelle Dreampop-Sounds zulässt, die diese Retromusik nicht altbacken, sondern modern erscheinen lässt. In „Lux“ finden sich R’n’B-Tendenzen wieder, wie es sie momentan zur Genüge gibt. Dennoch kann das Trio so mit einer eigenen Prise davon würzen, dass das Stück sich nicht einfach an andere Trends anhängen lässt. Vielmehr kann die Band ein frisches Album vorweisen, das sich der üppigen Klischees der Achtziger bedient, ohne sie zu übersättigen.

Dabei ist ihr Bandname Programm: Wie eine Ballerina versuchen Ballet School, das Grazile und Anmutige in ihrer Musik zu verknüpfen – zu hören besonders in dem letzten, langsamen Track „Crush“. Ein wirklich schöner Abschluss, in dem Blair nochmal zeigt, dass sie nicht nur hoch singen kann, sondern in einem großen Stimmumfang auch besonders gefühlvoll.

Das Trio mixt auf seinem Album verschiedene Zutaten immer wieder anders zusammen, so dass sich zwar eine Linie erkennen lässt, die einzelnen Songs aber trotzdem unterschiedlich sind. Genau diese Stringenz zeichnet „The Dew Lasts An Hour“ als ein gut gelungenes Debüt aus.

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