Porter RobinsonWorlds

Porter Robinsons Debütalbum „Worlds“ fügt sich nicht Boys Noize und Konsorten, sondern ist eher konsolenorientiert. Mit den Videospielen ist es im elektronischen Musiksektor ja so eine Sache, Fatima Al Qadiri etwa hat in ihrer Zeit in Kuwait während des Golfkrieges Ego-Shooter gezockt, die sie sehr geprägt haben. Der Ansatz des jungen DJ-Produzenten Porter Robinson folgt zwar nicht so einer experimentellen Konzeption wie Al Qadiris, deren Kompositionen ja nahezu nach kulturwissenschaftlicher Analytik schreien, aber der in North Carolina geborene DJ hebt sich doch deutlich vom Rest seiner gleichaltrigen DJ-Riege (hier sticht wohl gerade am ehesten Alle Farben heraus) ab. Im Gegensatz zu einer Laurel Halo oder Al Qadiri ist er allerdings immer noch vorwiegend am Dancefloor orientiert.

Robinson macht kaum ein Geheimnis aus seiner Videospiel-Passion, die ihn schon in sehr jungen Jahren dazu verleitet haben soll, mit seinem Keyboard einige Melodien zu skizzieren. Auf „Worlds“ ist diese Ästhetik um Dimensionen krasser als gelegentliche 8-bit-Vertonungen von Beck oder The Notwist geraten, hier fühlt man sich zwischenzeitlich in die Gameboy-Generation zurückversetzt, hört aus den kunterbunt flimmernden Synthiefetzen das Hüpfen seiner Nintendo-Jugendhelden (Yoshi!) heraus. Doch Robinson scheint es dabei nicht primär um eine Sichtung der elektronischen Wurzeln zu gehen, sondern um tanzbare Stücke, die sich letzten Endes doch zwischen Indietronix, House und gelegentlichem Tech- und Dreampop bewegen.

Verlockenderweise machen diese Bitfetzen, die sich über – zum Teil recht standardhaft unspektakulär ausgefallene – Beats legen, einen nostalgisch. Ob das jetzt die Intention von Robinson war, sei dahingestellt. Das Midtempostück „Sad Machine“ erinnert mit seinen Chinatune-artigen Synthies jedenfalls an so manche „Street Fighter“-Levels, „Goodbye To A World“ an die pathetischen Abspänne, wenn man „Super Mario“ durchgezockt hat, „Fellow Feeling“ ist dann der Endgegner-Egoshooter-Song, der sich zwischen prallem Lichtschwert-Techno und zarten Pianoklängen nicht ganz entscheiden kann. Auch die Videos zeugen von schrill-bunter Mangaästhetik und grellen Animationen.

Die eventuell ganz unbeabsichtigte Kunst der Songs: Elemente, die man mit der Gamer-Generation der Neunziger assoziiert, die also gnadenlos überholt sind, fügen sich hier in extrem modernen, hochpolierten und zum Teil ein wenig überproduzierten Electro. Eine kleine Zeitreise, in der man sich bewusst wird, wie ranzig die damaligen Technikinnovationen nur ein paar Jahre später erscheinen. Bei den Auto-Tune-Stimmen, die einen Großteil der Tracks begleiten, denkt man so unmittelbar an altbackene 3D-Charaktere, die „damals“ eben noch wie glaubwürdige Konstrukte aussahen, mittlerweile aber fast perfekte Spiegelbilder werden können.

Ansonsten liefert „Worlds“ neben okay radiokompatibler Electropop-Disco („Lionhearted“ mit der Indieband Urban Cone) und zum Teil arg überzuckertem Plastik (die entschuldbar(er) werden, wenn man sie als Teil eines Konzepts werten will) sehr angenehme Hörmomente in leicht versetztem Dreampop („Natural Light“) und groovig bastelwütigen Stücken wie dem an Daft Punk und Justice erinnernden „Fresh Static Snow“. Ob man dazu tanzen kann oder die Stücke eher nebenbei hört, während man die alten Games mal wieder aus den Dachbodenkisten holt, bleibt dann letzten Endes Geschmackssache.

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