FinkHard Believer

Wenn ein Album bereits nach wenigen Minuten alles preisgibt, bereitet es in der Regel nur kurze Freude, da der Überraschungseffekt der ersten Durchgänge häufig über die zu eingängigen und damit schnell zur Routine werdenden Melodien hinweg verblasst. Erfordern die Stücke allerdings erst akribisches Reinhören, kann schon mal die Lust nach mehr ausbleiben, da sich manchmal auch nach und nach kein erbaulicher Gesamtklang entwickeln will und das Album irgendwo im Niemandsland versandet. „Hard Believer“ benötigt ganz klar eine längere Beschäftigung mit seinen einzelnen Songs, doch wird das Durchhaltevermögen mit einem eher minimalistischen, aber dafür umso unwiderstehlicheren Klangerlebnis belohnt.

Die Richtung geben Fin Greenall, Tim Thornton und Guy Whittaker spätestens seit dem letzten Album „Perfect Darkness“ vor: dunkel getönter minimalistischer Songwriterfolk, der eher elektrifiziertem Zeitlupenblues denn traditionsgefärbter Liedermacherei entspringt, mit jeder Menge Wehmut in Stimme und Ton. So startet auch der Nachfolger „Hard Believer“ mit stoischer Katharsis in den Titeltrack, manisch im Ausdruck, nahezu einer Beschwörung gleichkommend. Greenall weiß ob der Qualität seiner Stimmfarbe und gleicht die spielenden Instrumente daran an. Egal ob im herausragenden „Pilgrim“, das nach langsamem Beginn den treibenden Gitarren hinterherstakst und nur durch das sonore Organ des ehemaligen DJs im Zaum gehalten wird oder auch beim hallenden „White Flag“, das ähnlich wie einige andere Songs auf „Hard Believer“ irgendwo zwischen skelettiertem Trip-Hop und ausuferndem Slowcore entlangwabert.

Trotz aller langsamen Entwicklung erzeugen die zehn Stücke wahnsinnige Spannung. „Two Days Later“ erinnert an die sich weit in den Raum erstreckenden Pop-Epen Anywhens, allerdings ohne deren Begeisterung für aufbrausende Streicher. Dafür holt Greenall seelenstreichelnde Harmonien aus der Kiste und baut diese zu Sehnsuchtsmomenten zusammen. Das folgende „Shakespeare“ wiederum tänzelt über verhältnismäßig schlichten Gitarrenfiguren einem melodieverliebten Ende entgegen und jagt Schauer über nahezu alle vorhandenen Körperteile. War „Perfect Darkness“ dabei noch von leichten elektronischen Spielereien durchzogen, sind es bei „Hard Believer“ immer eher schlichte, dafür umso eindringlichere Gitarrenpassagen.

Im Vorgrund stehen aber immer Stimme und Stimmung, so dass sich Greenall komplett in der ihn umfangenden Begleitung verlieren kann. Viel Text braucht er dabei meistens nicht, die teils Beschwörungsformeln ähnelnden Worte werden mal mantraartig wiederholt oder fragmentarisch aneinandergereiht und erzeugen somit eine sich der Begleitung anpassende Sogwirkung. Es ist erstaunlich ruhig auf „Hard Believer“, nur selten erhöhen Fink die Lautstärke wie im Mittelteil der aktuellen Single „Looking Too Closely“, und dann auch so moderat und dynamisierend wie eben möglich, nicht ohne zwischendurch auch wieder mal leiser zu werden um erneut aufbrausen zu können.

Es kann sein, dass „Hard Beliver“ Mühe hat, sich gerade im Sommer Gehör zu verschaffen, da wäre sicherlich der Herbst die bessere Veröffentlichungssaison gewesen. Da es aber eine unglaubliche Freude bereitet, den manchmal vielleicht eine Spur zu lang(atmig) geratenen Songs volle Aufmerksamkeit zu schenken, lohnt es sich, jetzt schon mal in den Erschließungsprozeß zu starten. Im Herbst ist man dann schon für so viel sakrale und ehrfürchtige Melancholie gewappnet.

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