Instrumentaler Postrock ist oftmals recht zurückhaltend in der Wahl seiner musikalischen Mittel. Emsig werden Soundwände erst aufgebaut und großflächig bemalt, dann zerstückelt und nach kurzer Zeit wieder abgetragen, um letztendlich in aller Ruhe an anderer Stelle neu zu erstehen. Die Ausdauer der MusikerInnen im Umgang mit Sounds und Melodien ist dabei höchst bemerkenswert, schließlich geht es in den Songs, die meist Überlänge haben, bevorzugt repitativ und, trotz aller Lautstärke, recht gediegen zu. Die Behäbigkeit der Stücke resultiert dabei sicherlich auch aus der geringen Bedeutung, die der Autorenschaft durch die meisten Bands des Genres beigemessen wird, denn wenn sich kein Ego in den Vordergrund drängt, ist mehr Raum für die Musik vorhanden. Besonders deutlich wird das bei denjenigen Gruppen, die sich größtenteils an der Reproduktion eines ästhetischen Ideals versuchen, wie es zum Beispiel von Godspeed You! Black Emperor kultiviert wurde. Saxon Shore machen da keine Ausnahme.

Eine Band, bei der Josh Tillman (mittlerweile Fleet Foxes) mehrere Jahre Schlagzeug spielte, lässt ihr Album von Dave Fridmann produzieren und veröffentlicht es eigenständig, ohne Label und Vertrieb. Das Verwunderliche daran ist, das eigentlich ein paar Kontakte zum Business vorhanden sein sollten, wenn man mit dem Produzenten von Mercury Rev, der Flaming Lips, Mogwais und MGMTs zusammenarbeitet. Woran es allerdings liegt, dass Saxon Shore diese nicht nutzen wollten respektive konnten, mag unerheblich sein, schließlich ist erst einmal grundsätzlich davon auszugehen, dass die Qualität eines Albums bei der Beantwortung solcher Fragen keine Rolle spielt. Vielleicht teilt die amerikanische Band ja auch einfach diese Ansicht und macht das, was wir jetzt tun werden, nämlich nicht weiter über so etwas nachdenken und sich mit Musik befassen.

„It Doesn’t Matter“, das vierte Album Saxon Shores, beginnt mit „Nothing Changes“ recht riskant, schließlich könnte ein böswilliger Mensch behaupten, Opener und Albumtitel würde klar machen, was die HörerInnen in den nächsten 55 Minuten erwartet, nämlich Musik, wie man sie bereits kennt und die sich nicht verändern wird. Gleiches ließe sich auch wohlwollend aufgreifen, nämlich in dem Sinn, dass es keine Rolle spielt, wer genau die Stücke spielt und in diesen gar nicht erst versucht werden muss, etwas Neues zu erzwingen. Schließlich lebt Postrock durch Momente, einzelne Soundcluster, Dynamik, Klang und nicht zwangsläufig Originalität. Tatsächlich kommt all das bei „Nothing Changes“ zusammen, dem leider etwas ungeschickt platzierten Höhepunkt eines Albums, das ebenso homogen wie konservativ ist. Die Arrangements sind stimmig und bis auf teilweise etwas zu schwelgerische Pianoparts geschmackvoll, es wird an den richtigen Stellen Spannung aufgebaut, die sich absolut folgerichtig und ohne unlogische Brüche verflüchtigt, das Delay ist stets korrekt getimed und die Becken krachen und zischeln je nach Bedarf. Es wurde nichts falsch gemacht, allerdings konnten ebenso wenig neue Erkenntnisse gewonnen werden, dazu fehlen einfach ein paar wirkliche Ideen.

„It Doesn’t Matter“ ist mit Sicherheit kein Mittelmaß, schafft es allerdings nicht, sich von der Vergangenheit zu lösen, und damit ist nicht die der Band gemeint. Liebhaber des Genres werden eine solche Platte in zehn Jahren ebenso zu schätzen wissen, wie sie es vor zehn Jahren getan hätten, für alle anderen gibt es nur dann etwas zu entdecken, wenn sie noch nie etwas von Mogwai oder dem Label Constellation Records gehört haben sollten.

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Label: Eigenveröffentlichung

Referenzen: God Is An Astronaut, Caspian, Unknown Connection Failure, Mogwai, Explosions In The Sky

Links: Homepage / Myspace

VÖ: 08. 01. 2010

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