The xxxx

XXManchmal ist wirklich alles anders als man denkt. The xx sind zu viert, zwei Jungs, zwei Mädchen, alle unter 20 und sehen auch so aus. Und vielleicht liegt das Geheimnis ihres derzeitigen Hypes eben genau darin begründet, dass sie eben rein gar nicht so klingen wie die gerade aufgeführten Verdachtsmomente plus  „Music to watch for 2009“-Adelung des NME es vermuten lassen. Die allwöchentliche Dosis „Teenage Kicks“ muss man woanders suchen.

Stattdessen gibt es hier unterkühlten Minimalismus auf dem Energielevel einer leerstehenden Fabrikhalle, der Kritiker verzweifelt mit Referenzen von Joy Division bis R. Kelly um sich werfen lässt, von denen wohl die Young Marble Giants die einleuchtendste bilden dürften. Denn wie schon deren einziges und epochales Album „Colossal Youth“, das anno 1980 eine absolute Ausnahmeerscheinung im damaligen  Postpunk und New Wave darstellte, ragt auch „xx“ aus der immer noch grassierenden Veröffentlichungsflut oftmals effekthascherischer Neo New Wave-Emporkömmlinge wie ein monolithischer Ruhepol hervor, der die Welt, bei aller Innerlichkeit und doch distanziert betrachtet, in völlig neuem Licht  erscheinen lässt.

Langsam und vorsichtig wie Efeuranken schlängeln sich die süßlich zart duettierenden Gesangsstimmen von Romy Madley Croft und Oliver Sims hier um das spärliche Gerüst aus Drumcomputerbeats, kristallklar aufblinkenden Gitarren- und Bassläufen und Keyboardflächen wie Sternennebel. Dabei entsteht, ohne jemals den nötigen Popappeal vermissen zu lassen, eine an vielen Stellen geradezu hypnotisierende Atmosphäre, die in diesen ADHS-infizierten Zeiten leider gerne mal mit Langeweile verwechselt wird, und dabei eigentlich gar keine Höhepunkte zulässt. Dass Stücke wie die fabelhafte Vorabsingle „Crystalised“, „Islands“ oder das abschließende „Stars“ hier dennoch so hervorragen, könnte man also als einzigen Schwachpunkt eines Albums ansehen, das ansonsten so viel mehr (beziehungsweise weniger) zu bieten hat, als man von einer jungen britischen Band zur Zeit je erwarten konnte.  So dunkel und geheimnisvoll wie eine sternenklare Nacht.

77

Label: Young Turks / XL / Beggars (Indigo)

Referenzen: Young Marble Giants, Joy Division, Mazzy Star, Galaxie 500, The Cure, Low, The Whitest Boy Alive

Links: Homepage, MySpace

VÖ: 14.08.2009

4 Kommentare zu “Review: The xx – xx”

  1. Markus sagt:

    Gerade mal wieder aufgelegt. Immer noch enormes Album; schon jetzt ein Klassiker.

  2. […] mit ihren Hymnen 2009 einen recht sensiblen Nerv. Ihr von manchen anfangs unterschätztes Debüt „xx“ war eine scheue, wortkarge und reduzierte Platte, die leise und bedacht Liebesgeschichten […]

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