Es wird dieser Tage so viel geschrieben über Comebacks. Guns ‚N‘ Roses kommen – auch wenn das immer noch keiner wirklich glauben mag – mit einer neuen Platte daher, AC/DC besuchen uns ein weiteres Mal für sieben heiß erwartete Konzerte, die elf (!!) Minuten nach Beginn des Vorverkaufs schon restlos vergriffen sind, ja, sogar Grace Jones lässt da nicht auf sich warten und veröffentlicht mit „Hurricane“ die erste neue Aufnahme seit knapp zwanzig Jahren. Was aber wirklich wichtig ist, geht mal wieder völlig unter, wie sollte es auch anders sein…

Vor zehn Jahren und einigen Monaten erschien mit „In The Aeroplane Over The Sea“ ein anfangs noch recht unbekanntes Album einer Band namens Neutral Milk Hotel. Im Februar 1998 konnte wahrlich keiner wissen, nein, nicht mal ahnen, wie groß die Wellen schlagen würden, die diese LP einmal in Schwung gebracht hat. Bisher sind nur wenige Ausnahmefälle bekannt, in denen Leute vorgeben, nicht ergriffen zu sein, wenn  Jeff Mangum, Hauptverantwortlicher von Neutral Milk Hotel, seine Stimme erhebt. Heutzutage gilt das besagte Werk als absoluter Klassiker, in den Folgejahren nach Erscheinen sollte sich „In The Aeroplane“ für eine Independent-Platte sogar erstaunlich gut verkaufen. Es ist danach viel geschrieben worden über die Musiker von Elephant 6 oder die Rolle, die Anne Frank bei den Aufnahmen des Albums einnahm. Das Einzige, was man fortan nicht mehr zu Gesicht bekam, war schlicht und einfach Jeff Mangum selbst. Ein Mann, der vieles wollte, nur keine Aufmerksamkeit, keine Massen und erst recht keine ausverkauften Hallen. Wo bleibt da die Intimität?  Folglich zog er sich noch im Jahre 1998 vollends zurück. Drei Jahre später soll er dann noch einmal auf der Bühne gesichtet worden sein, sagt man.  Später wird erzählt, Jeff arbeite an einer neuen Platte. Tatsächlich aber gibt es nicht viel mehr als diverse Gastbeiträge für befreundete Musikerkollegen wie im Fall von Apples In Stereo. Alles andere blieb in den letzten zehn Jahren unverändert. Jedes Jahr aufs Neue die große Hoffnung, diesen Ausnahmekünstler noch ein einziges Mal live erleben zu dürfen. Auch vergeht kein einziges Jahr, in dem man nicht wieder auf dieses wunderschöne Video zurückgreift, sich aufgrund solch einer Schönheit immer wieder zwischen Begeisterung und Trauer entscheiden muss. Es kommt eben auf die Stimmung an. „Engine“ schaffte es übrigens gerade mal auf die B-Seite seiner Single „Holland, 1945“.

Dann das, erst einige Stunden her: Der übliche Gang zu Youtube, eben schnell „Neutral Milk Hotel – Engine live“ eingeben und dann auf den obersten Artikel klicken. Reine Routine, sollte man meinen. Was aber nun geschieht, macht diesen Tag zu einem der schönsten des Jahres. Er hat es wieder getan. Jeff Mangum, im Dunkel kaum zu erkennen, hat seine Bühne gefunden. Zum Abschluss eines der „Elephant 6 Holiday Surprise“ Konzerte steht er einfach da, nur von wenigen Leuten umgeben, die größtenteils wohl nicht im Ansatz erahnen, was da gerade geschieht. Ein Song, nicht viel länger als drei Minuten. Engine. Unsereins ist längst zu Tränen gerührt.

4 Kommentare zu “Zwischenstopp: Bühnen-Comeback von Jeff Mangum”

  1. Bastian sagt:

    Hat er mich doch glatt auf die Idee gebracht „In The Aeroplane Over The Sea“ mal wieder aus dem Regal zu nehmen, eine sehr gute Idee war das!

  2. Pascal sagt:

    So, noch einmal vorm Einschlafen, aber wirklich nur noch ein Durchgang…

  3. Pascal sagt:

    Und hier direkt der nächste Link, zwei Tage später in Chicago:

    http://www.youtube.com/watch?v=uxct1OtFOOg&feature=related

    Man achte auf den Jubel am Ende, einige haben es dann wohl doch realisiert…

  4. Markus sagt:

    So, die Grace Jones „Hurricane“ ist eher ein lauwarmes Lüftchen, gemessen an den Vorschusslorbeeren. „Aeroplane“ hingegen über jeglichen Zweifel erhaben. Gottgleich. Und das sagt ein Atheist.

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